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20.02.2014

CfP: Der Konflikt in Literatur und Recht der frühmodernen Romania – Zugriffe der romanistischen Literaturwissenschaft und der europäischen Rechtsgeschichte

  • Ort: Frankfurt am Main
  • Beginn: 25.08.14
  • Ende: 28.08.14
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft, Weitere Teilbereiche
  • Sprachen: Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Sprachenübergreifend
  • Frist: 15.05.14

« En composant la Chartreuse, pour prendre le ton je lisais chaque matin 2 ou 3 pages du code civil » - dieses populäre Bekenntnis des französischen Romanciers Stendhal, enthalten in einem Brief an Honoré de Balzac aus dem Jahr 1840, findet sich in vielen Abhandlungen zitiert. Ob Koketterie des Schriftstellers oder ehrliches Bekunden: Das Bonmot eignet sich in idealer Weise, um die epigrammatische, gemeinverständliche Sprache der napoleonischen Zivilrechtskodifikation hervorzuheben – und abzugrenzen gegen die nicht an den juristischen Laien adressierte Kunstsprache gerade des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs. Es erinnert zudem an die nicht immer präsente Verwandtschaft zwischen der Literatur- und der Rechtswissenschaft als hermeneutische Wissenschaften. Denn auch wenn es bisweilen schwer fällt, dies zu glauben, so rührt doch die Suche nach dem angemessenen Ausdruck beide an. Und natürlich geht es beiden Wissenschaften um die Bedeutung der Texte: deren „Menscheln“, deren Handeln vom Tun aneinander, vom Umgang miteinander, vom „Management“ oder eben „Missmanagement“ sozialer Beziehungen, seien diese real oder fiktiv. Die Grundvoraussetzungen für ein interdisziplinäres wissenschaftliches Forschen als zeitgemäßes Zusammenwirken der Literatur- und der Rechtswissenschaft scheinen mithin gegeben. Und doch hat sich bislang das Interesse an den Stoffen des Gegenübers auf Seiten der Rechtswissenschaft als weit ausgeprägter erwiesen als auf Seiten der Literaturwissenschaft, und wo es anders war, haben sich die Vertreterinnen und Vertreter der Germanistik bislang weit mehr und häufiger hervorgetan als diejenigen irgendeiner anderen Philologie. Dieser Befund mag wissenschaftshistorisch leicht erklärbar sein, doch er ist angesichts der aktuellen transnationalen Öffnung der Rechtswissenschaft gegenüber europäischen, gar globalen Perspektiven und angesichts des Reichtums wie der Reichweite gerade der romanischen Literaturen vor allem eines: zutiefst unbefriedigend.

 

Die Dr. Franz J. Vogel Sommerschule des Deutschen Romanistenverbands (DRV) 2014 „Der Konflikt in Literatur und Recht der frühmodernen Romania – Zugriffe der romanistischen Literaturwissenschaft und der europäischen Rechtsgeschichte“ soll einen ersten Impuls dahingehend setzen, den bislang bestenfalls leisen Dialog zwischen der romanistischen Literaturwissenschaft und der Rechtswissenschaft hörbar zu machen, ihn zu vitalisieren, und zwar, indem sie sich einerseits auf die Frühmoderne besinnt als bedeutende Epoche unscharfer Grenzen zwischen Literatur und Wissenschaft und indem sie andererseits die Rechtsgeschichte als die Teildisziplin unter den juristischen Disziplinen fokussiert, in der Interdisziplinarität am stärksten zur eingeübten wissenschaftlichen Praxis zählt. Als thematischen Anker hat die Sommerschule sich den Konflikt und seine Verarbeitung erkoren. Sie trägt damit zum einen dem Forschungsinteresse des LOEWE-Schwerpunkts „Außergerichtliche und gerichtliche Konfliktlösung“, ihrer gastgebenden Einrichtung, Rechnung, die seit 2012 im Rahmen der hessischen Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) maßgeblich an der Konturschärfung Frankfurts am Main als Standort rechtshistorisch fundierter Normativitätswissenschaft mitwirkt. Zum anderen greift sie mit dem Komplex des Konflikts, seines Austrags, seiner Regulierung und Beilegung (oder eben seiner Nichtbewältigung) ein Motiv auf, dem im Recht und in der Literatur, zumindest in der Dramatik und erzählenden Literatur, evident ein besonderer, prinzipieller Rang zukommt. Hier aus der Fülle der historischen Beispiele zu schöpfen, erübrigt sich.

 

Die interdisziplinäre Dr. Franz J. Vogel Sommerschule des Deutschen Romanistenverbands (DRV) 2014 „Der Konflikt in Literatur und Recht der frühmodernen Romania – Zugriffe der romanistischen Literaturwissenschaft und der europäischen Rechtsgeschichte“ richtet sich, neben weit fortgeschrittenen Studierenden der Romanistik, aber auch der Geschichte und Rechtsgeschichte, an Doktorandinnen und Doktoranden der genannten Fächer, deren Forschungsarbeiten um Gegenstände der Frühmoderne kreisen und das Potential aufweisen, zum Dialog zwischen romanistischer Literaturwissenschaft und europäischer Rechtsgeschichte beitragen zu können, beziehungsweise deren Forschungsarbeiten aus diesem Dialog eine spürbare Bereicherung erfahren dürften. Zwölf Plätze, davon wenigstens sechs an Romanistinnen und Romanisten, sind zu vergeben. Über die Vergabe entscheidet konsensual das Gremium der Organisatorinnen und Organisatoren der interdisziplinären Dr. Franz J. Vogel Sommerschule des Deutschen Romanistenverbands (DRV) 2014.

 

Das Konzept der Sommerschule ruht auf drei Säulen: Vormittags stehen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Zeitfenster von je einer Stunde zur Verfügung, in denen sie ihre in der romanisch-sprachigen Welt verorteten Projekte und Dissertationsvorhaben in deutscher, französischer, italienischer oder spanischer Sprache oder gegebenenfalls auf Englisch zunächst in zwanzig Minuten vorstellen können. Anschließend besteht vierzig Minuten lang die Möglichkeit, die einzelnen Beiträge mit Kollegen und Kolleginnen aus den verschiedenen Disziplinen sowie mit ausgewiesenen Expertinnen und Experten unter Rekurs auf verschiedene methodische Zugänge und vor dem Hintergrund der verschiedenen Forschungstraditionen ausgiebig zu diskutieren.

 

Nachmittags werden in verschiedenen Sektionen Literaturwissenschaftlerinnen und Literaturwissenschaftler, Rechtshistorikerinnen und Rechtshistoriker sowie Vertreterinnen und Vertreter der allgemeinen Geschichtswissenschaft aus Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien und den Vereinigten Staaten in mehrsprachigen Ateliers, unter steter Fokussierung von Konflikten und ihrer Lösung, Einblicke in ihre Forschungsgebiete gewähren. Die Ateliers umfassen Lektürekurse ebenso wie Übungen zur Handschriftenkunde und zu frühen Drucken. Eine abschließende Sektion ist der Wissenschaftskommunikation im europäischen Forschungsraum gewidmet und thematisiert die erweiterten Anforderungen, denen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im 21. Jahrhundert gegenüber sehen.

 

Die großen öffentlichen Abendvorträge bieten den Studierenden, Doktorandinnen und Doktoranden schließlich die Gelegenheit, „Leuchttürmen“ der literaturwissenschaftlichen Romanistik und der Rechtsgeschichte zu begegnen.

Für alle zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden die Kosten für drei Übernachtungen im Doppelzimmer (inkl. Frühstück) übernommen. Alle auswärtigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten zudem Reisekostenzuschüsse in Höhe von max. 50 Euro. Für den Kurs selbst fallen keine Gebühren an.

 

Alle Interessenten bitten wir, ihre Unterlagen, die ein einseitiges Motivationsschreiben, einen tabellarischen Lebenslauf sowie ein kurzes ca. 400 Wörter umfassendes Abstract des eigenen Vortrags enthalten, in elektronischer Form bis spätestens 15. Mai 2014 an fjvsommerschuledrv2014@gmail.com zu senden. Ferner werden die Interessenten gebeten, einen Text zu benennen, der den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern als Lektüregrundlage zur Vorbereitung dienen mag.

 

Die Zusagen werden Anfang Juni per E-Mail verschickt werden. Ein Reader mit allen Abstracts und den entsprechenden einführenden Texten wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Monat vor Kursbeginn per E-Mail zugesandt werden.

Von:  Andreas Karg

Publiziert von: cf