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20.01.2014

Nachruf Prof. Dr. M. Kruse (Hamburg, (2.3.1928 – 10.12.2013))

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Das Institut für Romanistik der Universität Hamburg trauert um Frau Prof. Dr. Margot Kruse, die am 10. Dezember 2013 im Alter von 85 Jahren nach längerer Krankheit verstarb. Mit ihr verliert das Institut seine doyenne, die sich durch ihre Forschung, als engagierte akademische Lehrerin und durch ihre menschlichen Qualitäten auszeichnete.

 

Spross einer alteingesessenen Hamburger Kaufmannsfamilie, der u. a. der Historiker Percy Ernst Schramm angehörte, begann Margot Kruse 1947 ihr Studium der Romanistik, Germanistik und Philosophie in Hamburg bei Hellmuth Petriconi und in Freiburg bei Hugo Friedrich. Die Assistentin Petriconis wurde 1954 mit einer Studie über die Pascal-Rezeption in der französischen Literatur (Das Pascal-Bild in der französischen Literatur, 1955) promoviert. Fünf Jahre später habilitierte sie sich mit der Schrift Die Maxime in der französischen Litera-

tur. Studien zum Werk La Rochefoucaulds und seiner Nachfolger, die 1960 in den Hamburger Romanistischen Studien erschien. 1961 wurde sie in Hamburg zur außerordentlichen Professorin ernannt; 1962 erhielt sie einen Ruf an die Universität Bonn, den sie jedoch ablehnte, um den kurz darauf ergangenen Ruf der Universität Hamburg anzunehmen. Dem Ordinariat für Romanistik mit dem Schwerpunkt Italianistik, das sie erhielt, blieb sie für die nächsten 30 Jahre treu, ebenso wie ihrer Heimatstadt.

 

Sie übernahm schnell wichtige Funktionen wie ab 1963 ihre Tätigkeit als Mitherausgeberin des renommierten Romanistischen Jahrbuchs; 1972 wurde sie zum Mitglied der Joachim-Jungius-Gesellschaft gewählt, deren Vorstand sie von 1985 bis 1989 angehörte. Als Mitglied der Cluny-Gesellschaft in Hamburg und als Gastprofessorin in Bordeaux setzte sie sich aktiv für die deutsch-französische Freundschaft ein. Von ihrer engagierten Lehrtätigkeit zeugen nicht nur zahlreiche akademische Schüler, sondern auch Generationen von Französischlehrern in Hamburg. Im Zentrum ihrer Forschung standen drei Gebiete: zum einen das literarische Portrait und Portraitgedicht in den romanischen Literaturen der Renaissance und des Barock, zweitens die Themen- und Motivgeschichte und drittens die französische Moralistik, die auch Forschungen zu moralistischen Werken der italienischen und spanischen Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts einschloss. Vor allem als Autorität auf dem Gebiet der Moralistik wird sie in Erinnerung bleiben; auf diesem Gebiet hat sie in einer Reihe von Einzelstudien und anhand zentraler Begriffe ein stringentes Bild der Gattung gezeichnet, wie auch der 2003 von Joachim Küpper herausgegebene Sammelband ihrer Schriften zu diesem Thema, Beiträge zur französischen Moralistik (Berlin / New York 2003) bezeugt. Sie gilt nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern auch in Frankreich und darüber hinaus als unbestritten anerkannte Spezialistin auf diesem Forschungsgebiet.

 

Nach dreißig Jahren erfolgreicher und inspirierender Lehrtätigkeit wurde Margot Kruse 1993 emeritiert. Dies bedeutete natürlich nicht, dass sie sich dem universitären Betrieb entzogen hätte – weiterhin unterstützte sie das Institut mit ihrer Lehr- und Prüfungstätigkeit, was angesichts der langen Vakanz ihrer Stelle eine große Hilfe war. Außerdem wurde sie 1993 in den Conseil der Association Internationale des Etudes Françaises in Paris aufgenommen und war ab 1996 Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen.

 

Nicht nur der Laudator anlässlich der Verleihung der Joachim-Jungius-Medaille 2003 lobte ihre “liebenswürdige Bescheidenheit” – das hanseatische Understatement, die unprätentiöse Großherzigkeit und eine echte christliche Demut, mit der sie immer wieder vermied, im Rampenlicht zu stehen, zeigen nicht nur, wie intensiv die große Pascal-Expertin den französischen Moralisten verinnerlicht hat, sondern auch, wie sehr es ihr um die Sache ging, und wie wenig um den Ruhm, oder, mit Pascal selbst: “La dernière démarche de la raison est de reconnaître qu’il y a une infinité de choses qui la surpassent.”

 

Wir vermissen sie sehr und werden sie als bedeutende Romanistin, inspirierende Lehrerin und liebenswürdige Persönlichkeit in dankbarer Erinnerung behalten.

 

Solveig Malatrait im Namen des Instituts für Romanistik der UHH

Von:  Christoph Gabriel

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