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14.10.2008

Aufruf gegen die Verschiebung der Semesterzeiten in Deutschland

  • Ort: Konstanz
  • Disziplinen: Weitere Teilbereiche
  • Sprachen: Sprachenübergreifend

Auf Betreiben der Hochschulrektoren­konferenz (HRK) sollen die

Semesterzeiten an deutschen Hoch­schulen von 2011 an vorverlegt werden

(vgl. Pressemitteilung vom 4. Mai 2007). Das neue Herbst­semester soll

Anfang Sep­tem­ber statt Mitte Oktober beginnen, das Sommersemester Anfang

März statt Mitte April. Die HRK verfolgt damit nach eigenen Worten das

Ziel, durch Anpassung der Semestertaktung an die Mehrzahl der

Nachbar­länder einen Beitrag zur europäischen "Harmonisierung" zu leisten.

Nach ihren Angaben werde dadurch die Mobilität auf internationaler Ebene

erleichtert. Stu­dierenden, die aus dem Ausland kommen oder ins Ausland

gehen wollen, habe das späte deutsche Semester bisher den Wechsel

erschwert.

 

Allerdings nennt die HRK keine Zahlen, um die Dringlichkeit einer so weit

reichenden Initiative zu untermauern. Angesichts der vielen

hochschul­planerischen Maßnahmen der letzten Jahre, die auf schwankender

Grundlage beschlossen wurden und ihr Ziel nicht immer erreicht haben,

hätte dies eigentlich selbstverständlich sein müssen. Es ist anzunehmen,

dass bei flexibler Handhabung der derzeit geltenden Regelungen die Anzahl

von tatsächlichen "Härtefällen", die bei einem Hochschul­wechsel innerhalb

Europas entstehen, gering ist.

 

Zudem wurde die Initiative der HRK (einmal mehr) ohne Konsultation der

betroffenen Hoch­schul­­lehrer beschlossen, die diese Umstellung am Ende

werden organisieren müssen.

 

Die Unterzeichner dieses Aufrufs weisen auf zwei gravierende Folgen hin,

die eine Vorver­legung der Semesterzeiten haben würde:

 

1) In einigen Bundesländern würde dadurch die Bewerbungsfrist von

Schulabgängern so ver­knappt, dass sie sich mitten in den Vorbereitungen

zum Abitur auf der Grundlage ihres letzten Halbjahreszeugnisses um einen

Studienplatz kümmern müssten. Dies käme einer schleichenden Entwertung des

Abiturs gleich und wäre angesichts der Be­deutung der Studienplatzwahl

kaum zu­mut­bar. Auch die hochschuleigenen Zulassungsverfahren würden

dadurch unter zusätzlichen Zeitdruck geraten.

 

2) Die Angleichung der deutschen Semestertaktung würde den Länder

übergreifenden Austausch zwischen Forschern nicht fördern, sondern

erschweren. Für die Internatio­na­lisierung der deut­schen Hochschulen ist

es bisher gerade von Vorteil, dass der akademische Kalender in

Deutsch­land gegenüber anderen Ländern zeitversetzt ist. Dadurch entstehen

im Frühjahr und Herbst Korridore von mehreren Wochen, die sich ideal für

die Einladung von Gastwissenschaftlern eignen. So können deutsche

Wissenschaftler im März und September zu Gastaufenthalten etwa in die USA,

nach England oder Frankreich reisen, ohne ihre Lehrverpflichtungen zu

Hause zu be­einträch­tigen. Umgekehrt kom­men Professoren und Doktoranden

aus diesen Ländern vorzugs­weise im Juni oder Juli nach Deutschland, d.h.

in ihrer eigenen vorlesungsfreien Zeit, halten hier Gastseminare ab oder

partizipieren auf andere Weise am akademischen Leben. Auf diesem einfachen

Prinzip beruht eine Vielzahl von inter­universitären Austausch­programmen,

die mit großem Engagement in Gang gebracht und durch Steuergelder mit

beträchtlichen Summen gefördert wurden.

 

Als Forschungsstandort würde Deutschland durch die von der HRK geforderte

Änderung Schaden erleiden. Die Mobilität von Hochschullehrern und

Nachwuchswissenschaftlern würde empfindlich vermindert, erfolgreiche

bestehende Austauschprogramme würden behindert oder unmöglich ge­macht.

 

Die Unterzeichner dieses Aufrufs appellieren an die

Hochschulrektorenkonferenz und an die Verantwortlichen in den Ländern und

Universitäten, die Pläne zur Angleichung der deutschen Semesterzeiten

nicht weiter zu verfolgen.

 

Verantwortlicher Initiator des Aufrufs: Prof. Dr. Albrecht Koschorke,

Fachbereich Literaturwissenschaft, Universität Konstanz, 78457 Konstanz

 

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Wenn Sie diesen Aufruf unterzeichnen wollen, schreioben Sie bitte eine E-Mail an nina.kueck@uni-konstanz.de, füllen die unten stehenden Rubriken aus

und drücken Sie auf senden.

 

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Eine regelmäßig aktualisierte Liste der Unterzeichner findet sich unter

www.aktion-semesterzeiten.de. Aufruf und Liste werden der Öffentlichkeit

und den politisch Zuständigen zur Kenntnis gebracht werden.

 

Bitte schicken Sie den Aufruf auch an möglicherweise interessierte

KollegInnen. Vielen Dank!

Von:  Albrecht Koschorke (via Irene Albers/DHV)

Publiziert von: jd