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13.12.2010

CfP: Die Explosion vor Augen / L'explosion en point de mire (5. interdisziplinärer deutsch-französischer Workshop für junge geisteswissenschaftliche ForscherInnen IFFD-GIRAF)

  • Ort: Paris, Maison Heinrich-Heine
  • Beginn: 03.06.11
  • Ende: 04.06.11
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft, Weitere Teilbereiche
  • Sprachen: Französisch, Sprachenübergreifend
  • Frist: 31.01.11

5. interdisziplinärer deutsch-französischer Workshop für junge geisteswissenschaftliche ForscherInnen IFFD-GIRAF

 

Interdisziplinäre Forschungsgemeinschaft Frankreich-Deutschland / Groupe Interdisciplinaire de Recherche Allemagne France

 

Die Explosion vor Augen / L'explosion en point de mire

 

Während „Schock“ und „Bruch“ Gegenstand zahlreicher Theoretisierungsversuche gewesen sind, lässt sich nichts Vergleichbares über die diesen Ausdrücken doch nahestehende „Explosion“ bzw. „Sprengung“ sagen: Sie ist bislang noch nie einer systematischen Untersuchung unterworfen worden, und hat es auch nie zum Rang eines Begriffs im vollen Wortverstand gebracht. Vielmehr ist sie stets dem Ereignishaften verhaftet geblieben oder aufgrund ihrer Anschaulichkeit als bloße Metapher, als uneigentliche Rede eingesetzt worden. In dieser doppelten Hinsicht geistert sie – heute mehr denn je – durch den öffentlichen Raum: einerseits stellt die (vorgebliche oder reale) Gefahr von Terroranschlägen ein schier unerschöpfliches Reservoir für Zeitungsschlagzeilen und Politikerreden dar; andererseits bedienen sich Werbebranche und Boulevardpresse geradezu hemmungslos der Explosions-Metaphorik als Vermarktungsstrategie, die den spektakulären Charakter ihrer jeweiligen Erzeugnisse hervorheben soll. Kurzum: die Explosion ist ein Faszinosum – sie ist bedrohlich und verführerisch zugleich –, sie bewegt sich stets zwischen den Polen von reiner Gewalt und ästhetisierender Verklärung.

 

Diese eigentümliche Spannung dient unserem interdisziplinären deutsch-französischen Workshop als Ausgangspunkt. Von ihr aus soll der Begriff der Explosion näher gefasst werden, wobei wir uns vor allem auf die drei folgenden Problembereiche konzentrieren möchten – anderen Vorschlägen gegenüber aber durchaus aufgeschlossen sind:

 

1) Explosion/Sprengung und Politik

Auf den ersten Blick scheint die Explosion in politischer Hinsicht immer auf der Seite des Protests, des Unbotmäßigen zu stehen, hat sie es doch – sei es auf konkrete, symbolische oder rhetorische Art und Weise – auf die Zerstörung der vorherrschenden Normen bzw. der Machtzentren selbst abgesehen. Auf der makronarrativen Ebene der Geschichte kann sie jedoch unterschiedlichste Funktionen wahrnehmen: Werden die Sprengsätze in rein destruktiver Absicht gelegt – im 19. Jahrhundert sprach man vom „Nihilismus“ der Anarchisten –, oder um das Wiederaufleben eines vorgängigen, besseren Zustandes zu ermöglichen (man denke an die Regenerationserwartungen, die vor 1914 in Intellektuellenkreisen allenthalben mit einem Kriegsausbruch verbunden wurden), oder schließlich um Platz zu schaffen für die Errichtung von Neuem? Sogar in letzterem Fall ist es durchaus möglich, dass der Explosion eine im Dienst der etablierten Macht stehende ideologische Rolle zukommt – die Sprengung des Berliner Stadtschlosses durch die DDR-Obrigkeit zu Beginn der 1950er Jahre mag als anschauliches Beispiel genügen.

 

2) Explosion/Sprengung und Kunst

Parallel zur Inszenierung tatsächlicher Explosionen wird in der künstlerischen Praxis – insbesondere in der Avantgarde – versucht, Poetiken der Explosion auszuarbeiten. Das wohl bekannteste Beispiel ist Bretons Definition des poetischen Bildes als eines „Funkens“, der aus dem „Spannungsunterschied zwischen den zwei elektrischen Leitern“ des Bildspenders und -empfängers hervorgehe. Unter welche Vorzeichen wird die Explosion dabei gestellt: die eines Wunders der Technik – welches freilich in eine fatale Kettenreaktion umschlagen kann – oder die der grauenvollen Erlebnisse aus den Schützengräben und den bombardierten Städten, die gegebenenfalls durch die mediale Darstellung ästhetisch überformt werden? Wird die Sprengung vom Beobachtungs- und Äußerungssubjekt als etwas Beängstigendes erfahren, als Lustquelle, gar als Katharsis und Befreiung, oder aber wird sie scheinbar rein sachlich und nüchtern aufgezeichnet, wie bei Alexander Kluge, Chris Marker und, in einem ganz anderen Zusammenhang, bei Roman Signer? Welche Äußerungsmodi werden angesichts der Explosion als dem Diskontinuierlichen schlechthin eingenommen: Wird dem Narrativen noch der geringste Platz eingeräumt? Und wie ist es um das Deskriptive bestellt? Von welchem Zeitverständnis zeugen solche Poetiken? Für welche Rhythmisierung entscheiden sie sich: für das Aufblitzen, die Aneinanderreihung von „snapshots“ (Arno Schmidt), die nervöse Hochgeschwindigkeitsmontage, oder aber für die Zeitzündung, welche eine kontinuierlich anwachsende, auf Verdrängungsmechanismen beruhende Spannung aufbaut, um sich schließlich in einem finale furioso zu entladen (hier wäre etwa an die in Zeitlupe gefilmten Explosionen am Ende von Antonionis Zabriskie Point zu denken)? Man könnte aber auch an Explosionspoetiken denken, die den Schwerpunkt eher auf das Danach legen und den Mechanismus des Ertaubens, der Stille in den Fokus nehmen. Zudem scheint es uns sinnvoll, danach zu fragen, ob und wie die subversiven Absichten dieser Explosionspoetiken ihrerseits von der Kulturindustrie integriert und (möglicherweise) entschärft werden? Wird dadurch das ästhetische Moment an der Explosion nicht unwiderruflich diskreditiert? Mit welchen Mitteln versucht die (Sub-)Kultur, diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen?

 

3) Explosion/Sprengung in der Werbebranche und im Journalismus

Sowohl graphisch als auch rhetorisch bedient sich die Werbebranche in geradezu inflationärem Maße der Explosion als Verheißung des Neuen: Läuft dies letzten Endes nicht eher auf die Konsolidierung der bestehenden Verhältnisse hinaus, und sind diese Explosionen nicht vielmehr Allegorien des Konsums, der sich in seiner Augenblicklichkeit restlos – ohne Abfälle zu hinterlassen – aufzehrt? Analog dazu könnte man die Frage aufwerfen, ob der journalistische Diskurs über die verschiedenen „geplatzten“ Wirtschafts-„Blasen“ mit seiner banal-kindlichen Explosionsmetaphorik, die jedem weitergehenden Erklärungsbegriff schnell den Riegel vorschiebt, letzten Endes nicht einem mythischen Dispositiv – das der Naturalisierung von Geschichte – zuzuordnen ist?

 

Parallel zu diesen eher punktuellen Untersuchungen, die die möglichen Gestalten der Explosion – als Ereignis und als Wort – zu erfassen versuchen, scheint uns eine Auseinandersetzung mit der „Explosivität“ bzw. der „Sprengkraft“ als analytischem Begriff wünschenswert: Inwiefern ist es etwa möglich, auch Texten oder Theoriemodellen aufgrund ihrer Funktionsweise und ungeachtet ihrer genauen Thematik eine „explosive“ Qualität zuzuschreiben? Und inwiefern unterscheidet sich diese Kategorie von der „Subversion“, der „Dysfunktionalität“ innerhalb eines bestehenden Systems, oder auch noch von der „Revolution“ im Sinne Thomas Kuhns? Mit anderen Worten: Welchen möglichen analytischen Mehrwert vermag sie zu erbringen?

 

Der Workshop findet am 3./4. Juni 2011 im Heinrich-Heine-Haus, Cité Internationale Universitaire, in Paris statt. Interessierte ReferentInnen sollen ein kurzes Abstract (max. 500 Wörter) sowie Angaben zur Biographie als angehängte Word-Datei an folgende Adresse senden: guillaume_plas@yahoo.fr

 

Deadline für die Zusendung der Abstracts ist der 31.1.2011.

 

Organisation: Georges Felten (Université de Caen), Susanne Götze (Universität Potsdam), Guillaume Plas (Université d’Amiens)

 

Kontakt und Information: Guillaume Plas, Département d’Allemand, Université d’Amiens, guillaume_plas@yahoo.fr

 

L'explosion en point de mire / Die Explosion vor Augen

 

Si des notions comme le choc ou la rupture ont fait l’objet de nombreuses tentatives de théorisation, celle d’explosion, qui leur est pourtant prochement liée, n’a jamais été étudiée systématiquement, pas plus qu’elle n’est devenue un concept au sens noble du terme. Elle est au contraire toujours restée du côté de l’événement brut ou de celui de la métaphore, du discours figuré. C’est à ce double titre qu’elle hante – aujourd’hui plus que jamais – la sphère publique : la menace permanente (prétendue ou réelle) que font planer des attentats terroristes ne cesse de faire la une des journaux et de dominer les discours politiques, tandis que le discours publicitaire et la presse à sensation se servent à tout-va de la métaphore de l’explosion à titre d’argument de vente, pour mettre en avant le côté spectaculaire de leurs produits. Bref, l’explosion est un objet de fascination – menaçant et attirant à la fois –, oscillant sans cesse entre les pôles de la violence pure et de la transfiguration en objet esthétique. C’est en partant de cette tension que notre atelier se propose de cerner de plus près la notion de l’explosion, axant la réflexion autour de trois champs d’étude différents – tout en restant ouvert à des propositions émanant d’autres domaines de recherche :

 

1) Explosion et politique

Dans le domaine de l’action et du discours politiques, l’explosion peut remplir des fonctions fort diverses. Au premier abord, elle semble toujours être du côté de la contestation, en tentant – concrètement, symboliquement ou rhétoriquement – de faire voler en éclats les normes dominantes, les bastions du pouvoir. Or au niveau macro-narratif de l’Histoire, elle peut opérer dans des sens fort divers : dynamite-t-on dans une visée purement négative – « nihiliste » disait-on à la fin du 19e siècle –, pour permettre la réémergence d’un état antérieur, meilleur (à la veille de la Première Guerre mondiale, dans les milieux intellectuels, la perspective de la guerre comme décharge salvatrice, permettant la régénération du corps social), ou pour construire du nouveau ? Y compris dans ce dernier cas, l’explosion peut très bien remplir des fonctions idéologiques, de toute évidence au service du pouvoir en place – il suffit de penser à la destruction du Château de Berlin par les autorités de la RDA au début des années 1950.

 

2) Explosion en Art

Tout en mettant en scène des explosions-événements, les pratiques artistiques – d’avant-garde – tentent d’élaborer des poétiques de l’explosion, notamment avec la célèbre définition que Breton donne de l’image poétique, en tant qu’ « étincelle » jaillissant « de la différence de potentiel entre les deux conducteurs » que sont le comparant et le comparé. Sous quels auspices cette appropriation de l’explosion est-elle placée : sous celle du miracle technique – qui peut toutefois se renverser en engrenage fatal – ou sous l’horreur vécue dans les tranchées, dans les villes bombardées – éventuellement mise à distance par le biais d’esthétisations médiatiques ? Quelle est la posture adoptée par le sujet de l’énonciation : l’explosion est-elle vécue sur un mode angoissant, sur celui de la jubilation, de la libération (cathartique), ou encore sur celui de l’enregistrement prétendument neutre comme chez Alexander Kluge, Chris Marker et, dans un tout autre registre, Roman Signer ? Quels sont les modes d’énonciation adoptés face à ce qui semble relever du discontinu pur : le narratif y a-t-il encore le moindre droit de cité ? Et qu’en est-il du descriptif ? De quel rapport au temps cela témoigne-t-il ? Quel est le rythme adopté par ces poétiques, celui de la fulgurance, du « snapshot » (Arno Schmidt) permanent, du montage rapide, spectaculaire, ou celui de la bombe à retardement, d’une tension, refoulée, qui monte continuellement pour aboutir à une décharge finale (pensons aux explosions filmées au ralenti à la fin de Zabriskie Point d’Antonioni, pures images mentales) ? Et l’on pourrait également penser à des poétiques de l’explosion plus paradoxales, où l’accent est davantage mis sur l’après, l’assourdissement, le silence. Dans le contexte de ces poétiques, il nous semble par ailleurs particulièrement pertinent de s’interroger sur la manière dont ces pratiques subversives des avant-gardes sont récupérées et désamorcées par l’industrie de la culture. Par quels moyens la (sub)culture essaie-t-elle d’y répondre ? Y a-t-il encore une place pour le beau dans une esthétique de l’explosion ?

 

3) Explosion dans le discours publicitaire et journalistique

A la fois graphiquement et rhétoriquement, le discours publicitaire se sert abondamment de l’explosion, comme indice de nouveauté : n’est-ce pas pour mieux cimenter les rapports sociaux existants, et ne faudrait-il pas y voir autant d’allégories de la consommation, qui se consume dans sa pure instantanéité sans laisser de déchets ? De même, le discours journalistique sur les différentes « bulles » économiques qui « ont crevé » ces dernières années ne ressortirait-il pas – en ce que sa naïveté bon enfant, parfaitement an-idéologique, coupe court à toute tentative d’explication un peu plus poussée – à un dispositif mythique, de naturalisation de l’histoire ?

 

Parallèlement à ces investigations plus ou moins ponctuelles, décrivant les différentes figurations possibles de l’explosion, en tant que chose et en tant que mot, pourrait s’amorcer une analyse sur l’« explosivité » en tant qu’outil d’analyse. En quel sens, par exemple, serait-il possible de qualifier d’ « explosifs » des textes ou des modèles théoriques en raison de leur seul mode de fonctionnement, quelque soit, du reste, leur thématique ? En quoi cette catégorie de l’ « explosivité » se distinguerait-elle alors de la subversivité, de la dysfonctionnalité au sein d’un système, ou encore de la révolution au sens que Thomas Kuhn a donné à ce terme ? Dans quelle mesure, en d’autres termes, est-elle susceptible d’apporter une véritable plus-value analytique ?

 

Comité d’organisation :

Georges Felten (Université de Caen), Susanne Götze (Université de Potsdam), Guillaume Plas (Université d’Amiens).

 

Date et Lieu : 3 et 4 juin 2011, Maison Heinrich Heine, Cité Internationale Universitaire, Paris.

 

Modalités de participation : Les propositions de communication contiendront environ 500 mots, et devront également comporter le nom et une brève biographie de l’auteur. Elles devront parvenir avant le 31 janvier 2011 par courrier électronique en document attaché Word à l’adresse suivante : guillaume_plas@yahoo.fr

 

Contact et information : Guillaume Plas, Département d’Allemand, Université d’Amiens, guillaume_plas@yahoo.fr

 

Von:  Georges Felten

Publiziert von: Christof Schöch