Tagungen > Tagungsausschreibung

25.01.2012

CfP Welten erzählen. Narrative Evokation des (Un-)Möglichen. 3. Wuppertaler Graduiertenforum Narratologie

  • Ort: Wuppertal
  • Beginn: 14.06.12
  • Ende: 16.06.12
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft
  • Sprachen: Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Sprachenübergreifend
  • Frist: 05.03.12

Erzählungen erzählen nicht nur Geschichten, sondern erzählen Welten. Diese fiktionalen Welten können der tatsächlichen, textexternen Welt nahezu entsprechen, jedoch auch völlig andersgeartet, den gewohnten Gesetzmäßigkeiten enthoben sein. Sie besitzen sowohl statische als auch dynamische Elemente, zu denen im Wesentlichen Raumzeitkontinua sowie Ereignisse und Figuren zählen.

 

Während ältere formalistisch-strukturalistische Ansätze eher die erzählerische Vermittlung (Stanzel) und Plotmodelle (Propp) aus formaler, textimmanenter Sicht zum Gegenstand machten, akzentuieren in Anlehnung an Prämissen der analytischen Philosophie (Kripke, Lewis) die neueren erzähltheoretischen Possible Worlds-Ansätze die semantische Dimension von Erzählungen und die ontologische Beschaffenheit erzählter Welten (Doležel, Pavel, Ronen, Ryan). In Folge der linguistic und cognitive turns richtete sich das narratologische Interesse verstärkt auf den Rezeptionsakt, durch den der Leser die inhärente Welt eines Textes mental evoziert und dadurch den Text überhaupt erst versteht (Gavins, Herman, Johnson-Laird, Semino, Werth). Kognitiv-phänomenologische Ansätze betonen das Eintauchen (immersion) in fiktionale Welten, so dass der Leser die Welt regelrecht ›erleben‹ kann. Neben expliziten Informationen des Textes sind logisch-analytische Schlussfolgerungen, pragmatische Implikationen des Diskurses und literarische Konventionen in Rechnung zu stellen: Bereits eine paratextuelle Gattungsbezeichnung (z.B. Märchen, Fabel, Science-Fiction) kann Basiselemente wie Figuren, Räume etc. assoziativ aufrufen, die für die Weltkonstruktion des jeweiligen Genretextes benötigt werden; entsprechend müssen bei einer umfassenden Analyse erzählter Welten auch pragmatische, kontextuelle, gattungsspezifische und historische Aspekte Berücksichtigung finden. All diesen Konzepten liegt gewissermaßen die Vorstellung zugrunde, dass es bestimmte identifizierbare Textbausteine gibt, die für die mentale Konstruktion narrativer Welten verantwortlich sind.

 

In den vergangenen Jahren ist die in den 1980er und 1990er Jahren lebhaft geführte Auseinandersetzung mit ›fiktionalen‹ und ›möglichen‹ Welten innerhalb der englischsprachigen Narratologie zurückgegangen – in der germanistischen Erzählforschung war sie stets ein Desiderat. Ziel der Tagung ist es, eine kritische Bestandsaufnahme der bestehenden Welt-Konzepte zu leisten und das Potential dieser Paradigmen im Hinblick auf ihre Anschlussfähigkeit an neuere narratologische Orientierungen (kognitive, kontextuelle, transmediale oder kulturwissenschaftliche Ansätze) zu erproben und zu diskutieren. Denn gerade die gegenwärtig zu konstatierende Pluralität und Heterogenität erzählter Welten in der postmodernen Literatur, Kunst, im Film und in neuen Medien (z.B. Computerspiele) erfordern fruchtbare analytische Methoden und Beschreibungskategorien. Diese können auch dazu anleiten, die historischen und kulturspezifischen Bedingungen unterschiedlicher Weltentwürfe in den Blick zu nehmen und bestehende Befunde zu überdenken.

 

Das dreitägige Graduiertenforum wendet sich an Promovierende unterschiedlicher Disziplinen (u.a. der Literatur-, Kultur-, Geschichts-, Medien- und Kognitionswissenschaften sowie Philosophie, Theologie und Soziologie), deren Dissertationen und Forschungsinteressen erzähltheoretische Aspekte in den Blick nehmen. Beiträge könnten sich mit folgenden Themenbereichen und Fragestellungen auseinandersetzen:

 

- Narrative Verfahren zur Evokation von Welten in der Literatur und anderen Medien; diskursive, gattungsspezifische und mediale Bedingungen für die Erzeugung erzählter Welten

- Fragen nach der ontologischen Referenz fiktionaler Welten zur aktualen Welt und nach den Voraussetzungen für die kategoriale Bestimmung von ›möglichen‹ vs. ›unmöglichen‹ Welten

- ›Unnatürliche‹/›unmögliche‹ Welten und ihre erzählerische Vermittlung (Paradoxa, Kausalitätsbrüche, metaleptische Erzählmodi etc.)

- Historizität/Kulturspezifität von narrativen Weltentwürfen

- Systematische Aspekte: Theorien und Methoden zur Analyse fiktionaler Welten; interdisziplinäre Zugriffe und deren heuristischer Nutzen für die moderne Erzählforschung

- Rezeptionsorientierte Ansätze: alternative Welten als mentale Modelle; Inferenzen von leserseitigem Weltwissen und erzählerisch vermittelten Informationen; Kohärenzstiftung und Naturalisierungsstrategien des Rezipienten

 

Diese und ähnliche Aspekte können anhand exemplarischer Analysen als auch durch Thesen allgemeiner Natur thematisiert werden.

 

Als Keynote Speaker konnte Dr. Jan Alber (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) gewonnen werden. Vorgesehen sind 30-minütige Vorträge, die jeweils von 15-minütigen Diskussionen begleitet werden. Die anfallenden Reise- und Unterbringungskosten können bis zu einer Höhe von 160 Euro übernommen werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass keine anderen Förderungsmöglichkeiten bestehen. Interessenten senden bitte ihren Vortragsvorschlag in Form von Abstracts (max. 500 Wörter) sowie einen kurzen Lebenslauf bis zum 05. März 2012 per E-Mail an:

Christoph Bartsch (christoph.bartsch@uni-wuppertal.de) oder Christiane Scheeren (christiane.scheeren@uni-bayreuth.de)

 

Veranstalter und Kontakt:

Christoph Bartsch, M.A.

Bergische Universität Wuppertal

Email: christoph.bartsch@uni-wuppertal.de

 

Christiane Scheeren, M.A.

Universität Bayreuth

Email: christiane.scheeren@uni-bayreuth.de

 

Veranstalter und Ort:

Zentrum für Erzählforschung (ZEF) / Zentrum für Graduiertenstudien (ZGS), Bergische Universität Wuppertal

Von:  via Hsozukult

Publiziert von: cs