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05.06.2008

Tagungsbericht zum Forum Junge Romanistik 2008 in Tübingen: "Zeichen setzen – Konvention, Kreativität, Interpretation"

  • Ort: Tübingen
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft, Sprachpraxis, Didaktik
  • Sprachen: Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Weitere romanische Sprachen, Sprachenübergreifend

[Zum bereits publizierten Tagungsprogramm auf romanistik.de]

 

TAGUNGSBERICHT

 

Das Forum Junge Romanistik ist eine jährliche Tagung für den wissenschaftlichen Nachwuchs, die vom 14. bis 17. Mai 2008 an der Universität Tübingen stattgefunden hat und dem Rahmenthema „Zeichen setzen – Konvention, Kreativität, Interpretation“ gewidmet war. Bereits traditionell pflegt das Forum Junge Romanistik den Austausch zwischen verschiedenen Disziplinen. So waren auch dieses Jahr Sprach- Literatur- und Kulturwissenschaftler sowie die Vertreter benachbarter Disziplinen (Philosophie, Kunstgeschichte, Kultur-, Theater-, Musik-, Film- und Medienwissenschaften) zur Teilnahme eingeladen – insgesamt über 70 Teilnehmer fühlten sich durch die Ausschreibung angesprochen.

 

Das diesjährige Rahmenthema stellt in mehrfacher Hinsicht einen idealen Ausgangspunkt für eine interdisziplinäre Diskussion dar: Als grundlegende Elemente von Kommunikation sind Zeichen an kulturellen Prozessen jeder Art unmittelbar beteiligt, und zwar an der Produktion und Rezeption von Sinn gleichermaßen. Ziel der Tagung war, das Spannungsfeld zwischen Konvention und Kreativität im Umgang mit Zeichen auszuloten und die Schaffung und Interpretation verschiedenartiger Zeichen und Zeichensysteme im Hinblick auf ihre Möglichkeiten und Grenzen zu betrachten. Dabei sollten sowohl alltägliche Zeichenverwendungen als auch die Deutung und Verwendung spezifischer kultureller Symbole und Mythen Berücksichtigung finden.

 

Die 39 Vorträge aus den Bereichen Literatur-, Sprach-, Kultur-, Theater- und Musikwissenschaft und Philosophie illustrierten die Facetten des Themas, wobei hervorzuheben ist, dass viele Beiträge bereits in sich interdisziplinär angelegt waren und beispielsweise Bezüge zu Medienwissenschaft oder Kunstgeschichte aufwiesen.

 

Im ersten Vortrag am Mittwochnachmittag, der vor allem Wechselwirkungen zwischen Text, Film und Photographie gewidmet war, ging Kristina Bedijs (Göttingen) in „Les sous-titres, ça craint! – Zum Umgang mit Jugendsprache in den Untertiteln zum Film ‚La Haine‘“ auf die Frage ein, inwiefern Jugendsprache im Film sinnvoll auf das Format von Untertiteln reduziert werden kann; sie beurteilte das Resultat negativ.

 

Juliane Deppe (Konstanz) hingegen konstatierte in ihrem Beitrag „‚Solo per avventura Sicilia‘? Simbolo e allegoria nell’edizione illustrata di Conversazione in Sicilia (1953) di Elio Vittorini“ eine bereichernde Gegenüberstellung der Medien Photographie und Literatur bei Vittorini, die in der Eröffnung einer sowohl kritischen als auch einer mythischen Dimension resultiere.

 

Johanne Mohs (Hamburg) kam in ihrem Vortrag „Selbstzeichen. Wörter und Fotos als Material und Mittler: Denis Roches Notre Antéfixe“, der sich mit der Frage der Remotivierung und der Wechselwirkung von Zeichen beschäftigte, ebenfalls zu einem positiven Befund in dieser Frage; Hauptanliegen war ihr die Problematik einer écriture autobiographique unter den Bedingungen dekonstruktiver Schreibpraktiken.

 

Karin Peters (München) untersuchte den „Agon der Zeichen als Selbstinterpretation der Literatur. Opfer an das (andere) Medium in der lateinamerikanischen Erzählung“. La invención de Morel (1940) von Adolfo Bioy Casares und Las babas del diablo (1959) von Julio Cortázar analysierte sie als Erzählungen, in denen das Bildmedium schöpferisch interpretiert werden kann und zugleich im Gegenzug das Opfer des Autors verlangt.

 

Am Donnerstag folgten zunächst Untersuchungen von Rhetorik und Narratologie in zeichentheoretischer Hinsicht: So unternahm Veronika Thiel (Wien) in ihrem Vortrag zu „Die Zeichen des Erzählers. Die Erzählinstanz zwischen Konvention und Kreativität“ eine sorgfältige Differenzierung der Formen von Erzählerpräsenz – verstanden als Effekt der Textstruktur – vor und brachte literaturwissenschaftliche und linguistische Aspekte ganz im Sinne des Forums auf überzeugende Weise zusammen.

 

Frauke Schmidts (Köln) Beitrag „Lyrik als Ort subversiver Zeichen: Lesbarkeit von Nähesprache (Kolloquialismen, Narrativität, Ironie und Intertextualität) bei Barral, Ferrater, Gil de Biedma und Goytisolo“ nahm diese Verknüpfung ebenfalls vor und konnte anhand von Kategorien wie ‚Nähesprache‘ und ‚fingierte Mündlichkeit‘ das ambivalente Verhältnis der Dichterschule von Barcelona zur Publikumswirksamkeit herausstellen.

 

Serena Bartali (Tübingen) leitete mit der Frage der „Creatività barocca; metafora e contesto“ über zu einem neuzeitlichen Themen gewidmeten Vortragsblock; sie stellte an lyrischen Textbeispielen den oft etymologische Absicherung vortäuschenden, in der Vorgehensweise aber innovativen Umgang barocker Dichter mit sprachlichen Bildern vor.

 

Vor dem Hintergrund der Barthes’schen Theorie der Stadtsemiotik beschäftigte sich Miriam Lay Brander (Konstanz) in ihrem Beitrag „Die Stadt als Schriftraum. Frühneuzeitliche Stadtsemiotik am Beispiel der Translación de la Imagen de Nuestra Señora de los Reyes“ mit der 1996 erstmals publizierten Prozessionsbeschreibung von Francisco de Sigüenza und nahm dabei auch Bezug auf bildliche Darstellungen von Prozessionen.

 

Um den kreativen Umgang mit Zeichen ging es in den beiden folgenden Vorträgen: Tina Ambrosch (München) zeichnete in ihrem Vortrag zum Thema „Italienische Zeichen(fest)setzung im Cinquecento“ die Entwicklung der italienischen Interpunktionszeichen im Spannungsfeld zwischen persönlichen Vorlieben einzelner Autoren und Drucker einerseits und Zwängen des Buchdrucks anderseits nach. Dem burlesk verfremdenden Umgang mit Elementen der antiken und italienischen Epentradition und ihrem Ziel spürte Stephanie Neu (Hamburg) in ihren Ausführungen zum Thema „Das Konzil der Götter als Zielscheibe der Spötter: Mythologie und Machtdiskurse in Alessandro Tassonis La Secchia rapita“ überzeugend nach.

 

Den Abschluss des Vormittags bildete Matthias Hennigs (Trier) Vortrag „Das Chiaroscuro der Poesie. Helles und Dunkles Sprechen in der hermetischen Lyrik Ungarettis, Montales und Quasimodos“, der sich der Rolle des leitmotivischen Spannungsfelds von Licht- und Schatten-, Hell- und Dunkel-, Tag- und Nachtmetaphorik für die Konstitution des poetischen Programms der drei Lyriker widmete.

 

Der Donnerstagnachmittag begann den Themenbereich Literatur des Symbolismus und der Avantgarden mit einem Beitrag von Matthias Hausmann (Erlangen), der „Die Verwandlung des Menschen in ein Zeichen der Unsterblichkeit: La invención de Morel von Adolfo Bioy Casares (1940)“ zum Thema hatte. Wie bereits Peters ging Hausmann auf den Roman von Casares ein, breitete ein gewisses Panorama von Aspekten aus, wobei der Bezug zum Tagungsthema in den Hintergrund rückte.

 

Geradezu fröhliche Zustimmung erntete hingegen Sven Thorsten Kilian (Potsdam), dessen Vortrag „‚Quelque étron solide‘ – exkrementielle Zeichenproduktion bei Louis-Ferdinand Céline“ ein tabubesetztes Thema auf sehr fruchtbare Weise untersuchte; Kilian erschloss dabei nicht nur eine wesentliche Dimension von Célines körperbesessenem Werk, sondern konnte dieser auch poetologische Relevanz abgewinnen.

 

Im Grenzgebiet zwischen Literatur- und Sprachwissenschaft versuchte der Vortrag „‚En castellano cantan los cholos, mami‘. Comentarios metalingüísticos en la novelas de Jaime Bayly“ von Florencio del Barrio de la Rosa (Padua) die Funktion metasprachlicher Kommentar für die Novellen des peruanischen Autors darzustellen.

 

Mario Martín Gijón (Marburg) untersuchte die „Verbreitung des Diskurses und Produktion von Präsenz. Das sprachliche Zeichen in der Dichtung des Spanischen Bürgerkrieges am Beispiel von José Herrera Petere, Emilio Prados und César Vallejo“: Der Ansatz, die Dichtung des Spanischen Bürgerkrieges als nur im Realkontext zu verstehende Form von Kreativität im Umgang mit Zeichen und Motiven zu verstehen, wurde nicht so stark profiliert wie erwartet.

 

Der letzte Block des Donnerstagnachmittags näherte sich dem Rahmenthema aus sprachwissenschaftlicher Perspektive. Dabei wurden einerseits sehr grundsätzliche, andererseits auch anwendungsbezogenere Fragen diskutiert. Matthias Heinz (Tübingen) eröffnete diesen Teil mit dem Thema „Segmente, Silben, Morpheme, Lexeme – wo fangen Sprachzeichen an?“ und näherte sich damit kritisch einer vermeintlich eindeutig zu beantwortenden Frage.

 

Ausgehend von einem der Klassiker der Zeichentheorie, nämlich Charles Sanders Peirce’ Unterscheidung in images, diagrams und metaphors untersuchte Daniela Marzo (Tübingen/Stuttgart) „Mehrfach ikonische Zeichen: Zu Formen von Ikonizität im Lexikon und ihrer potentiellen Kombinierbarkeit“. Überzeugend und anschaulich stellte sie aus kognitiver Perspektive die Schlüsselstellung der Polysemie in Bezug auf die potentielle Kombinierbarkeit der verschiedenen Formen von Ikonizität dar.

 

Auch Markus Ising (Tübingen) widmete sich kognitiven Ansätzen: Ziel seines Beitrags „Zwischen Strukturalismus und kognitiver Semantik: konzeptuelle Ambiguität in der romanischen Diachronie und ihr Potential für die einzelsprachliche Semiotik“ war, die Leistungsfähigkeit des Strukturalismus und der kognitiven Semantik in Bezug auf eine konkrete Fragestellung zu überprüfen.

 

Stärker praxisorientiert war der Vortrag von Ulla Theis (Mannheim) der auf der Basis einer empirischen Untersuchung die Rolle der „Romanische[n] Interkomprehension im Studium der Romanistik“ untersuchte.

 

Zum Abschluss des Tages hielt Alvaro S. Octavio de Toledo y Huerta (Madrid/Tübingen) ein glühendes Plädoyer für die sprachwissenschaftliche Untersuchung des 18. Jahrhunderts; so konnte er darlegen, dass in dieser von der Forschung zur Sprachgeschichte des Spanischen mehr als stiefmütterlich behandelten Epoche durchaus zentrale Entwicklungen von statten gingen.

 

Der Freitagmorgen beschäftigte sich zunächst mit Zeichen in Mystik, Religion und Mythologie. Carolin Fuhs (Siegen) untersuchte dementsprechend „Mythos und Zeichen in Carme Rieras ‚Una primavera para Domenico Guarini‘“ und stellte die gender-gebundene Reinterpretation von Mythologemen und Kunstmotiven der abendländischen Tradition heraus.

 

Alexander Gropper (Passau) hingegen wandte sich der Neuen Welt zu, sein Beitrag „Der Orixá Exu: Dämon oder Götterbote? Parallelen und Antagonismen in den Zeichensystemen afrobrasilianischer und neopentecostaler Religiosität“ zeigte überraschende fundamentale Übereinstimmungen zwischen radikalen protestantischen Strömungen und dem afrobrasilianischen Synkretismus des Candomblé; sie sind auf die Reinterpretation religiöser Zeichen des Candomblé durch die Neopentecostalen zurückzuführen.

 

Sandra Carrasco (Basel) schloss den Block mit dem Vortrag „Más allá del encuentro con Dios: la mística como revolución semiótica“, der die Grenzen der Verständlichkeit und die poetologischen Probleme religiöser Erfahrung in der Mystik analysierte. In der Folge überwog wieder die sprachwissenschaftliche Perspektive auf das Rahmenthema, wobei es in Zusammenhang mit aktuellen methodischen und theoretischen Fragestellungen gebracht wurde.

 

Zunächst stellte Karolina Stammel (Eichstätt) eine kognitive und korpusbasierte Analyse des Phraseologismengebrauchs in der Pressesprache vor. Dabei wies sie auf spezifische Eigenschaften der „Phraseologismen als Zeichen eines sekundären semiotischen Systems“, also als nicht einfach kompositional aus der Bedeutung der einzelnen Lexeme abzuleitender Zeichen, hin.

 

Auch die Untersuchung von Lucia Bolzoni (Augsburg): „La metafora come segno linguistico fra pragmatica e cultura“ beschäftigte sich mit Phraseologismen, wobei ein Schwerpunkt auf metaphorische Wendungen und ihre Interpretation durch Muttersprachler und Nicht-Muttersprachler gelegt wurde. Von Interesse waren dabei insbesondere die Ergebnisse der empirischen Tests, die teilweise gerade in Bezug auf die Frage, ob die Interpretation abhängig von einer bestimmten Kultur oder lediglich von den jeweiligen Sprachkenntnissen ist, überraschende Ergebnisse lieferten.

 

Die beiden folgenden Vorträge beschäftigten sich wiederum mit den Möglichkeiten des kreativen Gebrauchs von Zeichen: Anja Reinkemeyer (Marburg) führte anschaulich und theoretisch fundiert die „Formenvielfalt des langage SMS im Wechselspiel zwischen Effektivität, Expressivität und Professionalität“ vor Augen, während Hélène Stoye (Hannover) in ihrem Vortrag „Möglichkeiten des kreativen Gebrauchs konventionalisierter Zeichen: Präpositionen im Französischen“ die Frage aufwarf, inwiefern per Definition eng an Konventionen gebundene Sprachzeichen wie Präpositionen kreativ verwendet werden können.

 

Den Nachmittag, der Fragen der Identität und (politischer oder nationaler) Stereotype gewidmet war, eröffnete Hannah Milling (Passau/Berlin) mit einem Vortrag zum Thema „Nationalstereotypen als sekundäres Zeichensystem“. Anhand des Vergleichs französischer, italienischer und spanischer Deutschlandbücher konnte sie überzeugend und unterhaltsam vor Augen führen, wie die von Land zu Land und auch geschichtlich variierenden Nationalstereotypen als naturgegebene Wesenszüge dargestellt werden, die scheinbar zwangsläufig zu bestimmten Entwicklungen führen müssen.

 

In der Folge unternahm Morton Münster (Cáceres) unter dem Titel „Literarisierungsphänomene bei Mia Couto“ den Versuch, die Verwendung innovativer sprachlicher Strukturen im Kontext der contos Mia Coutos als kreative Zeichen zu interpretieren.

 

Den Abschluss dieses Blocks bildete der Vortrag von Paul Gévaudan (Tübingen) „Sprachliche Selbst- und Fremdinszenierung. Formen der Performativität und Polyphonie in den romanischen Sprachen“, der anhand von Beispielen zeigte, welche Möglichkeiten die linguistische Analyse des Kommunikationsrahmens bietet und auf welche Probleme sie stößt.

 

Den letzten Teil des Freitagnachmittags eröffnete Susanne Greilich (Regensburg) mit dem Thema „Literarische Form als Zeichen nationaler Identität: Die ‚gravedad‘ in José Cadalsos Cartas marruecas“. Wie bereits Octavio de Toledo y Huerta brach sie eine Lanze für das Studium des – im Tagungsprogramm eher unterrepräsentierten – 18. Jahrhunderts und zeigte in sehr anregender Weise, wie Cadalso inspiriert durch Montesquieus Lettres persanes seinen Briefroman einerseits zur Korrektur der leyenda negra einsetzt, andererseits aber auch Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen seiner Zeit übt.

 

Den möglichen Einfluss der Zensur auf die Entstehung und Interpretation mittelalterlicher literarischer Texte untersuchte sodann Jennifer Helm (Göttingen) in ihrem Vortrag „Zeichen und Zensur oder Zensur von Zeichen? (Über den Umgang mit und die Interpretation von Zeichen bei der Zensur)“.

 

Mit einem aufschlussreichen Vortrag zum Thema „Kulturelle Verhältnisse. Hierophanie und Faschismuskritik im Spiegel von Pasolinis Filmsemiologie“, der anhand der Mythenfilme das Verhältnis von Pasolinis Filmsemiotik und seiner Weltsicht herausarbeitete, rundete Ingo Lauggas (Wien) den Nachmittag ab.

 

Vor der wohlverdienten Entspannung standen allerdings noch die hochschulpolitische Diskussion sowie die Wahl der Veranstalter für das nächste Forum Junge Romanistik auf dem Programm. Dieses wird unter dem Thema „Grenzgänger und Exzentriker“ vom 3.-6. Juni 2009 in Trier stattfinden.

 

Der Samstag begann mit zwei philosophisch ausgerichteten Beiträgen zu Fragen der Zeichentheorie. Slaven Waelti (Basel) profilierte in „Nietzsche/Klossowski: pour une sémiotique dionysienne“ ein Zeichenverständnis, das den vorrationalen Grund von Bedeutung betont und die rationale Rede über diesen Grund problematisiert.

 

Daniela Mirea (Brest/Bukarest) präsentierte in „Signes, herméneutiqe et salut dans les romans de Michel Tournier et Mircea Eliade“ hermeneutische Fragen in literarischen Texten; der emotionale, identifikatorische Beitrag stellte vor, wie Romanhelden eine transzendente Wirklichkeit durch die Interpretation zeichenhafter Verweise in der Welt erschließen.

 

Sodann wurden Zeichen in Theater und Tanz untersucht, Frank R. Links (Bonn) zeigte in „Felipe Sassones inszenierter (Inter-) Text: zwischen Performanz und Parodie“, wie zwischen dem Bemühen um Erfolg und der Hinwendung zur Tradition eine Reinterpretation klassischer Texte des spanischen Theaters im frühen 20. Jahrhundert erfolgt.

 

Victoria Llort Llopart (Paris/Madrid) erläuterte in „Signes du mouvement, signes du son: une conjugaison des lignes et des portées sur le plan“ die Probleme der Notationssysteme von Tanzbewegungen vom 16. bis 18. Jahrhundert und zeigte auf sehr anschauliche Weise die Schwierigkeit, Körperbewegung in Schrift oder Schemata umzusetzen.

 

Die letzten beiden Beiträge widmeten sich Fragen der Übersetzung und Interpretation, Gudrun Rath (Wien) analysierte in „Blow up des Imaginären. Zu Interpretation und Übersetzung bei Cortázar und Antonioni“ besonders Las babas del diablo von Cortázar. Sie zeigte die Brisanz der Übersetzungsleistung und den unmöglichen Rekurs auf das Original gleichermaßen auf – ein Thema, das auch Christine Wilhelm (Bayreuth) im Schlussvortrag zu „Zeichen setzen oder löschen? Der Übersetzer als Figur bei Borges und Calvino“ anhand der radikalen Geschichtsklitterung in Borges’ Erzählung „Tema del traidor y del héroe“ auf überzeugende Weise untersuchte.

 

Abschließend lassen sich vier Themengebiete bzw. Problemstellungen profilieren. Die Fragestellung der Tagung „Zeichen setzen – Konvention, Kreativität, Interpretation“ fand zum einem in der Untersuchung der Interaktion von Sprache und anderen Medien ihren Niederschlag; diese Wechselwirkung kann als Bereicherung oder als Verlustrechnung gesehen werden, und zwar u.a. auf Grund der Konventionen des Zeichengebrauchs und der Medien. Der zweite Bereich umfasste den Zeichenbegriff in seiner ganzen Breite. Die linguistischen Beiträge warfen meist mikrostrukturelle Fragen auf, die das gesamte Spektrum von Grundsatzfragen der Zeichendefinition bis zu sehr speziellen Aspekten abdeckten. Dabei standen auch die Konventionen der Wissenschaftspraxis im Zentrum der Diskussion. Die Literatur- und die Kulturwissenschaft formulierten eher makrostrukturelle Überlegungen, von der Stadtlektüre bis hin zu eigenwilligen literarischen Zeichenkonzepten. Drittens war die Transparenz des Zeichens ein zentrales Thema: Die Linguistik formulierte die Frage nach kognitiven Verstehensprozessen und der Transparenz der Zeichen für den Sprecher oder Interpreten. Die Literaturwissenschaft warf Fragen der Zensur, aber auch der Verdunkelung in Texten vom Barock bis zur Avantgarde auf. Viertens war der Themenkomplex Zeichen und Identität prominent vertreten: Die hier angesprochene Macht der Zeichen wurde in Linguistik und in Literaturwissenschaft gleichermaßen thematisiert. Es findet sich die Vereinnahmung, ob religiös oder profan, die sich häufig als Gruppenbildung niederschlägt; es sind gleichwohl zentrifugale Elemente auszumachen, ob im gezielt kritischen Gebrauch von Zeichen oder in der inhärenten Polyphonie von Texten und Sprachpraxis. Die Untersuchung der Konstruktion und Dekonstruktion von Konventionen führte jedenfalls zu Kreativität auch im Umgang mit dem eigenen Rollenverständnis: Der anvisierte Austausch zwischen Sprach- Literatur- und Kulturwissenschaft sowie weiteren benachbarten Disziplinen hat auf dem Forum Junge Romanistik 2008 – nicht zuletzt auch im Rahmen der gemeinsamen Abendveranstaltungen – tatsächlich stattgefunden.

 

(Niklas Bender / Christine Blauth-Henke)

 

Von:  Niklas Bender / Christine Blauth-Henke

Publiziert von: Kai Nonnenmacher