Tagungen > Tagungsausschreibung

27.12.2010

CfP: Sektion "Avantgarden und ihre (R-)Evolution der Zeichen" - 13. Internationaler Kongress der Deutschen Gesellschaft für Semiotik

  • Ort: Universität Potsdam
  • Beginn: 12.10.11
  • Ende: 16.10.11
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
  • Sprachen: Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Weitere romanische Sprachen, Sprachenübergreifend
  • Frist: 31.12.10

[See English Version below!]

 

Call for Papers der Sektion Historische Semiotik

 

Avantgarden und ihre [R-] Evolution der Zeichen:

Wendezeiten der Literatur und Kunst

 

 

Die künstlerischen Avantgarden zeichnen sich u.a. durch ein neues Verhältnis zur Tradition, zur Relation Theorie-Praxis, zu ihrem Selbstverhältnis als Kunst und ganz besonders durch das Verhältnis zum Material in den Künsten aus. Vor allem der Dadaismus hat die Materialität der Dinge und Medien wieder entschieden in den Mittelpunkt gerückt: Kurt Schwitters, indem er Fundstücke und Abfall ins Bild klebte, Marcel Duchamp, indem er durch Dekontextuierung und Verfremdung die Alltagsgegenstände selbst in den Rang von Kunst erhob, Tristan Tzara, indem er willkürlich zerschnittene Zeitungsschnipsel zu Gedichten mit eigener poetischer Kraft verwebte, Hugo Ball, indem er die Lautlichkeit der Stimme zu komplexen Sinfonien des Konkreten verdichtete. Daraus ist eine Vielzahl von weiteren Projekten entstanden wie das Objet trouvé, die konkrete Poesie oder Aleatorik, Simultangedichte, das körperbetonte Aktionstheater und die Musique concrète.

 

Absicht dieser Sektion ist es, sowohl in historischer als auch in systematischer Perspektive die Strategien der Künste, denen es um eine unmittelbare Einbeziehung des konkreten Materials sowie um die Erzeugung spezifischer Präsenz- und Realitätseffekte ging und geht, zu analysieren. Insbesondere möchten wir das Verhältnis von Präsenz- und Sinneffekten zur Diskussion stellen. Inwiefern steht die künstlerische Praxis der Avantgarden im Widerspruch zur vorherrschenden Sinnkultur, verändert den Zeichenbegriff und erneuert das Verständnis von Ästhetik und Interpretation ?

 

Erwünscht sind nicht nur Beiträge, die sich mit den klassischen Avantgarden und aktuellen Strömungen, wie dem Neo-Pop oder der Medienkunst beschäftigen, sondern die sich auch mit verwandten historischen Wechseln von ästhetischen Verfahrensweisen, wie z.B. der frühen Neuzeit oder der Romantik auseinandersetzen. Auch die Figuren- und Lautgedichte der Renaissance und des Barock, z.B. die Klangmalerei der Nürnberger oder hermetische Buchstaben- und Zahlenmystik, repräsentieren ein Sprach- und Dichtungsverständnis, das sich sowohl von mittelalterlichen und antiken Mustern abhebt, als auch moderne Nachfahren, wie etwa Mallarmé oder die Wiener Gruppe inspiriert hat. Die Negation unmittelbar vorangehender Tradition ist gewöhnlich mit der Rezeption und Variation früherer Traditionen verbunden. Die semiotische Analyse und der Bezug zu negierten und zu inspirierenden Traditionen soll eine differenzierte Darstellung der aktuellen Phänomene ermöglichen.

 

Abstracts mit Titel und Mail-Adresse erbeten an:

 

Prof. Dr. Christina Vogel: chvogel@rom.uzh.ch

Prof. Dr. Peter Rusterholz: peter.rusterholz@germ.unibe.ch

 

 

 

AVANTGARD MOVEMENTS AND THEIR (R)EVOLUTION OF SIGNS

 

TURNING OF TIMES IN LITERATURE AND ART

 

 

The artistic avantgard movements stand out, among other things, due to their new attitude to tradition, to the relation theory-practice, to their self-understanding as art, and particularly their attitude to material in the arts. Dadaism, above all, put the materiality of objects and media clearly in the center of interest : Kurt Schwitters by glueing pieces of lost property and rubbish onto pictures; Marcel Duchamp, who rose objects of daily life in the rank of art by decontextualizing and alienating them; Tristan Tzara in weaving randomly cut newspaper shreds into poems with a poetic force of their own; Hugo Ball by intensifying the voice's phoneticality to complex sinfonies of the concrete. Out of that, a multitude of further projects have arisen such as the Objet trouvé, concrete poetry or aleatorics, simultaneous poems, body-focused action theater and the Musique concrète.

 

It is the intention of this section to analyse from a historical and systematic perspective the strategies of the arts which deal with an immediate inclusion of concrete material and with the production of specific presence/reality effects. In particular, we would like to put up for discussion the relation between presence and sense effects. In what way does the artistic practice of the „avantgards" contradict the predominant „culture of sense"? How does it change the semiotic notion, and in what respects does it change our understanding of aesthetics and interpretation?

 

We welcome not only contributions dealing with the classical avantgard movements and topical trends such as Neo-Pop or media art, but also those tackling with related historic changes of aesthetic procedures such as, for example, in the early modern or romantic age. Also the poems of Renaissance and Baroque, e.g. the onomatopoeia of the Nürnberger or the hermetic letter/number mysticism, represent an understanding of language and poetry which stands out from medieval and ancient patterns; and which, on the other hand, also inspired modern successors such as Mallarmé or the Wiener Gruppe. The negation of the most recent tradition is usually linked to the reception and variation of previous traditions. The semiotic analysis and the reference to negated and to inspiring traditions is supposed to enable a differentiated representation of the current phenomena.

 

Please send your abstracts with titles and email-address to:

 

Prof. Dr. Christina Vogel: chvogel@rom.uzh.ch

Prof. Dr. Peter Rusterholz: peter.rusterholz@germ.unibe.ch

 

 

Der 13. Internationale Semiotik-Kongress 2011 zum Thema: "Repräsentation, Virtualität, Praxis"

 

Wirklichkeit wird nie direkt erfahren, sondern einer Gesellschaft immer durch symbolische Kategorien zur Verfügung gestellt. „Repräsentation", „Virtualität" und „Praxis" sind Begriffe, mit denen diese symbolische Vermittlung bereits seit geraumer Zeit vielschichtig thematisiert wird. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen haben sie keinesfalls an Brisanz verloren, insbesondere wenn die an sie gebundenen semiotischen Systeme als sich ergänzende und einander durchdringende Formen des Weltzugangs zueinander in Beziehung gesetzt werden.

 

Der Begriff der Repräsentation umfasst hierbei sowohl die mentale Vorstellung der Außenwelt, also den Vorgang des Bedeutens von Welt durch Sprache und Symbole, als auch die physischen Artefakte und ihre sozialen, politischen und kulturellen Funktionen.

 

Unter Virtualität wird dagegen eine gedachte Entität verstanden, die unseren Lebensalltag heute mehr denn je indirekt über ihre Funktionalität oder Wirkung prägt. Das rückt Virtualität in die Nähe von Praxis, da sie im Sinne eines „Als-ob" neue Formen des Erlebens, Erfahrens und Handelns eröffnet. Diese Durchlässigkeit von Wirklichkeit und „So-tun-als-ob" wohnt auch dem Begriff der Repräsentation im Sinne von Vor- und Darstellung inne.

 

An konkreten Beispielen werden diese Permeabilitäten interdisziplinär und multiperspektivisch diskutiert, um deren Gefahren und Chancen zu beleuchten, um die Vielschichtigkeit aktueller Entwicklungen aufzuzeigen und die theoretischen Grundlagen kritisch zu überdenken.

 

 

Von:  Christina Vogel

Publiziert von: Kai Nonnenmacher