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13.06.2012

CfP: "Indignez-vous!" Geschichte schreiben im 21. Jahrhundert

  • Ort: Mainz
  • Beginn: 01.02.13
  • Ende: 02.02.13
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Weitere Teilbereiche
  • Sprachen: Französisch, Spanisch, Sprachenübergreifend
  • Frist: 30.08.12

In dem Manifest "Indignez-vous!" (2010) fordert der Résistancekämpfer Stéphane Hessel eine kritische Haltung für die Gegenwart ein. Das Bewusstsein über die Geschichte bildet für ihn die Grundlage einer Neubewertung der soziokulturellen und wirtschaftlichen Situation. Hessels Gedanken wurden insbesondere von der spanischen Jugendbewegung, den Indignados, aber auch in Deutschland und Frankreich intensiv rezipiert. Das 21. Jahrhundert beginnt mit einem entscheidenden Diskurswandel: Die kapitalistische Gesellschaftsordnung sowie säkularisierte Heilsentwürfe eines von der Web 2.0 Generation geprägten Neoliberalismus werden in Frage gestellt. Die weltweite Krise der Finanzmärkte hat nicht nur die Wirtschaft erschüttert, sondern setzte in weiten Teilen der Welt neue gesellschaftliche Dynamiken frei. Beispielhaft zeigen das die jüngsten Proteste in Québec und die Occupy Wallstreet Bewegung in New York. Beinahe zur gleichen Zeit fanden in der arabischen Welt grundsätzliche Veränderungen der politischen Landschaft statt. Es kann nicht länger von einem „Ende der Geschichte“ die Rede sein, wie es Francis Fukuyama im Hinblick auf den Zusammenbruch des sozialistischen Ostblocks postulierte. Neue Gesellschaftsentwürfe werden wieder denkbar. Ausgehend von der Annahme einer sich gegenwärtig immer deutlicher abzeichnenden Zäsur möchten wir der Frage nachgehen, welche Konsequenzen die in verschiedenen Nationalliteraturen zu konstatierende intellektuelle Neubewertung der Gegenwart bei der literarischen Auseinandersetzung mit Geschichte nach sich ziehen.

 

Neben politischen Manifesten referieren auch fiktionale Texte auf die Historie, um einen Appell für die Gegenwart zu formulieren. Das literarische Erzählen von Ge¬schichte kann, indem es von der Schrift der Sieger abweicht, als andere Geschichtsschrei¬bung angesehen werden. Dem Begriff Geschichte schreiben ist ein doppelter Wortsinn inhä¬rent, denn dem Akt des selektierenden und ordnenden Erzählens wohnt immer auch ein Moment der Konstruktion von Vergangenheit inne. Durch Interpretation und Neubewertung historischer Ereignisse wird die eigene Gegenwart in historischen Romanen oftmals in Form innovativer Erzählweisen gedeutet und mitbestimmt. Vier Panels (Kontrafaktisches Erzählen, Appellfunktion der Vergangenheit, Historienkulisse vs. engagierte Literatur, Revolution als Zäsur) stehen für die narrativen Tendenzen der Gegenwartsliteratur und bilden gleichzeitig den Rahmen für die verschiedenen Vorträge.

 

Die Tagung richtet sich insbesondere an den wissenschaftlichen Nachwuchs, der sich mit der Wechselwirkung zwischen Literatur und Geschichte befasst. Gerade weil es sich um ein weltweit auftretendes Phänomen handelt, ist das Projekt komparatistisch angelegt und als internationales und dezidiert interkulturelles Forum gedacht. Die Vorträge sollten 20-25 min. dauern. Tagungssprache ist Deutsch, in Ausnahmefällen können die Vorträge auch auf Englisch oder Französisch gehalten werden.

 

Mögliche Vortragsthemen sind:

• Kontrafaktische Geschichtsdarstellung

• Neubewertung der Literatur als politisches Medium

• Geschichtsphilosophie in der Literatur

• Revolutionsbilder und -dramaturgien

• Literarische Antizipationen des arabischen Frühlings

• Die Vermarktung der Geschichte: orientalischer/südamerikanischer Kitsch

• Der Algerienkrieg in der französischen Gegenwartsliteratur

• Geschichtsbilder in der Trivialliteratur

• Geschichtsessayistik

• Krisen, Kriege und Konflikte als Movens des Erzählens

• Geschichte als Gegenstand interkultureller Literatur

 

Auf der Homepage zur Tagung (http://occupyhistory21.wordpress.com) finden sich weitere Informationen zu Konzept, Veranstaltungsort und Teilnehmern. Eine Publikation der Tagungsbeiträge als Sammelband wird angestrebt. Die Veranstalter erbitten Themenvorschläge in Form von Abstracts (ca. 400 Wörter / pdf oder Word-Dokument) sowie eine Kurzbiografie bis zum 30. August 2012 an: rezaij@uni-mainz.de

 

Kontakt: Dr. Timo Obergöker (obergoek@uni-mainz.de), Jasmin Marjam Rezai Dubiel (rezaij@uni-mainz.de), Simone Schröder (si.mone-schroeder@web.de)

 

Von:  Jasmin Marjam Rezai Dubiel

Publiziert von: cs