CfP: Raum, Zeit und Geschlecht bei Irène Némirovsky, Leo Perutz und Bruno Schulz
- Ort: Jena
- Beginn: 18.04.13
- Ende: 19.04.13
- Disziplinen: Literaturwissenschaft
- Sprachen: Französisch, Sprachenübergreifend
- Frist: 20.12.12
Internationale Tagung
Raum, Zeit und Geschlecht bei Irène Némirovsky, Leo Perutz und Bruno Schulz
Raum, Zeit und Geschlecht sind tragende und miteinander verwobene Kategorien in den Werken dieser drei Autoren, die ihre erzählerischen Werke in Polen, Frankreich und Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts schufen. Alle drei haben einen jüdischen Hintergrund, der in unterschiedlicher Weise in die literarische Ausgestaltung dieser drei Kategorien einfließt - und der allen dreien zum Verhängnis wird. Die interdisziplinäre Tagung möchte romanistische, germanistische, slawistische und komparatistische Perspektiven auf diese drei, in der deutschen Forschungslandschaft - zu Unrecht - immer noch wenig präsenten Autoren, vereinen und ihre Werke mit dem Blick einer interkulturellen Literaturwissenschaft erforschen. Die genannten drei Kategorien sollen das Tagungsthema umreißen. Wie Zeit und Raum in der ästhetischen Darstellung "zu einem sinnvollen und konkreten Ganzen" (Bachtin 1989, S. 8) werden, hat Michail Bachtin mit seinem Begriff des Chronotopos beschrieben: "Die Merkmale der Zeit offenbaren sich in Raum, und der Raum wird von der Zeit mit Sinn erfüllt und dimensioniert" (ebd.). Die Fragestellung nach den Geschlechterkonzeptionen lässt sich hieran anschließen: Das individuelle Zeitempfinden der Figuren sowie ihr Blick auf die dargestellte historische Zeit im Roman sind häufig als spezifisch männlich oder weiblich gekennzeichnet, innere und äußere Zeit können sich dabei im Widerstreit befinden. Räume werden aufgeladen mit Vorstellungen von Ordnung und Unordnung, von Enge und Weite, markieren Grenzen und spiegeln Dominanzverhältnisse, Phänomene der Inklusion und Exklusion wieder, die wiederum mit Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit korrespondieren.
Die Analyse der Konstellation Raum-Zeit-Geschlecht im Roman erlaubt gleichzeitig eine detaillierte Auseinandersetzung mit der erzählten Welt eines Werkes und den Rückschluss auf die gesellschaftspolitischen und kulturellen Bedingungen, unter denen es entstanden ist. Daraus ergeben sich vielfältige Fragestellungen im Hinblick auf die drei Autoren. Wie werden diese Kategorien bei Perutz durch die Aktualisierung und gleichzeitige Brechung volkstümlich-jiddischer Erzählmuster und Figuren problematisiert? Wie konstruieren die Romane Némirovkys Romane Entwürfe weiblicher Zeitmodelle und wie verhalten sich diese zur historischen Zeit (Vgl. dazu Stemberger 2006, S. 231-250)? In welcher Weise werden bei Schulz neue, durch den entstehenden Massenkonsum geprägte, Wahrnehmungsmuster im Hinblick auf Raum, Zeit und Geschlecht in phantastisch-grotesk überformten Visionen kritisch dargestellt? Denkbar wären Herangehensweisen, die sich literaturhistorisch mit den Kategorien und Motiven im Kontext des Fin de Siècle und der Décadence auseinandersetzen, ihr Ineinandergreifen und ihre Auflösung untersuchen oder die Texte im Hinblick auf eine Auseinandersetzung mit dem europäischen Judentum und dem Antisemitismus hin betrachten. Alle drei Autoren haben auch filmische Werke inspiriert - die visuelle (Um)gestaltung der Chronotopoi und Geschlechterbilder wäre ein weiteres mögliches Themenfeld.
Die Tagung findet an der Friedrich-Schiller-Universität vom 18.-19. April 2013 statt. Von den Teilnehmern wird erwartet, dass sie der gesamten Tagung beiwohnen. Fahrt- und Übernachtungskosten werden aller Voraussicht nach übernommen. Eine Tagungsgebühr fällt nicht an.
Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge auf Deutsch, Englisch, Polnisch und Französisch. Die Abstracts sollten eine Seite nicht überschreiten.
Bitte beachten Sie, dass die Tagungssprachen Deutsch und Englisch sein werden.
Deadline: 20.12.2012
Kontakt:
paula.wojcik@uni-jena.de
johanna.koehn@sprachlit.uni-regensburg.de
Publiziert von: RZ