CfP: Sektion 11, "Envisager la face - die vielen Facetten des Gesichts", Frankoromanistentag 2014
- Ort: Münster
- Beginn: 24.09.14
- Ende: 27.09.14
- Disziplinen: Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
- Sprachen: Französisch
- Frist: 31.01.14
Wir leben in einer „facialen Gesellschaft“. Unter den unzähligen visuellen Eindrücken, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind, nimmt das Gesicht zweifellos eine prominente Stellung ein. Es ist der wesentliche Ort der Erfassung und Vermittlung nonverbaler Signale in der menschlichen Kommunikation, bringt den emotionalen Zustand einer Person am unmittelbarsten zum Ausdruck und fungiert als wichtiger Identitätsmarker. Keine menschliche Interaktion, keine Darstellung in Literatur, Kunst und Medien kommt heutzutage ohne faciale Begleitung oder Repräsentation aus, so dass man nahezu behaupten möchte, der gesellschaftliche Alltag spiele sich gewissermaßen zwischen Gesichtern ab oder sei vom Gesicht her organisiert. Die (inter-)face erweist sich somit als zentraler Schauplatz für sprachliche, kulturelle, mediale und literarische Aushandlungen.
Die interdisziplinäre Sektion ‚Envisager la face – die vielen Facetten des Gesichts‘ setzt sich zum Ziel, den Stellenwert und die Funktionen des Gesichts im frankophonen Kulturraum an der Schnittstelle der romanistischen Teildisziplinen Literatur-, Sprach-, Kultur- sowie Medienwissenschaft zu ergründen. Eine Erschließung des Themas erfolgt entlang einer kommunikativ-semiotischen, einer performativen und einer interaktiv-konfliktuellen Analysedimension.
1. Les faciès: Zur Semiotizität des Gesichts
Am Gesicht erkennen wir einander wieder; die Gesichtszüge und Mimik der Mitmenschen lesen wir als Kode für deren Charakter, Stimmung sowie Affektregungen und wenn wir etwas Wichtiges miteinander zu besprechen haben, dann tun wir dies vis à vis, so dass das Mienenspiel sowie andere nonverbale Signale unseren Aussagen Intensität und Struktur verleihen können. Das Gesicht gilt als Schlüssel der menschlichen Verständigung und Identität, weshalb sich für die investigative Erschließung vielfältige Anknüpfungsmöglichkeiten in folgenden Themenbereichen ergeben:
• Das faciale Wortfeld: Die Benennungen des Gesichts, seiner Konstituenten sowie seiner Ausdrucksdispositionen
• Die sprichwörtliche sowie metaphorische Verwendung des Gesichts
• Die kommunikative und expressive Bedeutung der Mimik
• Praktiken der Semiotisierung und Inszenierung des Gesichts im frankophonen Kulturraum in Fotografien, Filmen und Porträts
• Medien-, kultur-, epochen- und gattungsspezifische Darstellungsweisen und Ästhetisierungen von Gesichtern in der frankophonen Literatur
• Formen und Funktionen der Gesichtsbeschreibung in der frankophonen Literatur
2. La surface du visage: Das Gesicht als Fassade
Das Wissen um die Lesbarkeit und Expressivität des Gesichts generiert fast zwangsweise den Wunsch nach deren Kontrolle (durch plastische Chirurgie, durch Make-up, durch Beschönigungen des Profils auf Facebook etc.). Man lernt früh im Prozess der Sozialisierung, dass es profitabel sein kann, sein wahres Gesicht hinter einer artifiziellen Persona zu verbergen. Die conditio sine qua non eines gelungenen Spiels mit dem falschen Gesicht ist die Beherrschung der Regeln der Lüge. Die Erfassung der performativen Praktiken und Techniken der Fassadenbildung ist aus folgenden Perspektiven möglich:
• Linguistik der Lüge, Täuschung und Manipulation
• Rollenmuster und Formen der Maskerade im frankophonen Kulturraum
• Logoisierungen und diskursive, ikonografische Inszenierungen von Gesichtern in frankophonen Medien
• Authentizität und Stilisierung des Emotionsausdrucks in der Frankophonie in syn- und diachroner Perspektive
• Inszenierungen von Lüge, Rollenspielen und Intrigen in der Literatur
• (In)authentischer Emotions- und Charakterausdruck in Theater, Pantomime und Film
3. Face-à-face: Gesicht, Interaktion und Konflikt
Ob man von Angesicht zu Angesicht miteinander kommuniziert, sich per bise begrüßt oder einander im Duell Auge in Auge gegenübersteht – das Gesicht ist immer auch der Ort, an dem das gesellschaftliche Mit- und Gegeneinander lokalisiert ist, an dem man einander wohlwollend und kooperativ begegnet, sich bei Konfrontationen die Stirn bietet und Konflikte austrägt. In der Kommunikation bestehen und das Gesicht wahren ist eine der wichtigsten Aufgaben des Einzelnen innerhalb gemeinschaftlicher Interaktionsprozesse. Auf diesen Überlegungen aufbauend -bieten sich Beiträge zu folgenden Gesichts-punkten an:
• Determinanten und Szenarien der frankophonen face-to-face-Kommunikation
• Gesicht 2.0: Face-to-(cyber)face-Kommunikation im digitalen Zeitalter
• Diskursmuster und Argumentationsstrategien in Konfrontationen und Konflikten im Französischen
• Szenarien inter- und intrakultureller Gesichtsverluste und Konfrontationen in Zusammenhang mit der Frankophonie
• Facial ausgetragene Konfliktsituationen und Machtbestrebungen im postkolonialen Kontext
• Auto- und Heterostereotype als Vergesichtung von Konfrontationen
• Die Rolle des Gesichts bei der Darstellung von Konfliktsituationen in der frankophonen Literatur
• Inszenierung von Gesichtsverlusten in der frankophonen Literatur
Beiträge sind in deutscher oder französischer Sprache willkommen.
Ein Abstract von max. 400 Wörtern wird bis zum 31.01.2014 erbeten an Dr. Nelson Puccio (npuccio@ix.urz.uni-heidelberg.de) und Teresa Hiergeist (teresa.hiergeist@fau.de).
Publiziert von: cf