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06.02.2012

CfP: Sektion "Französischer Presse-Journalismus im Spannungsverhältnis von Print- und Online-Textualität" Termin verlängert bis 28.2.!!

  • Ort: Leipzig
  • Beginn: 19.09.12
  • Ende: 22.09.12
  • Disziplinen: Medien-/Kulturwissenschaft
  • Sprachen: Französisch
  • Frist: 28.02.12

Sektionsvorschlag Frankoromanistentag "(R)Evolution der Medien", Leipzig, 19.09. - 22.09. 2012

 

Französischer Presse-Journalismus im Spannungsverhältnis von Print- und Online-Textualität

 

Die gegenwärtige Medien(r)evolution vollzieht sich nicht nur crossmedial durch die zunehmende Technologisierung, Digitalisierung und Ökonomisierung, sondern betrifft auch einzelne Medienformate und etablierte Gattungen. Um sich angesichts der überhand nehmenden Bildschirmkommunikation einen gewissen Marktwert zu erhalten, erfährt die gedruckte Presse in der westlichen Informations- und Erlebnisgesellschaft wohl den stärksten und empirisch offensichtlichsten Wandel: einstiges Leitmedium aktueller und periodischer Informationsvermittlung, Sprachrohr seriöser journalistischer Investigation sowie Forum kanonischer Textsorten, die eine charakteristische Sprache herausbildeten, ist die Presse heute mehr als "gedrucktes Fernsehen" anzusehen oder mutiert zusehends zu immaterieller, aktiv transformierbarer Hyper-Textualität auf dem display. Der Bild-Code dominiert längst den Sprach-Text, modulartig verclustertes Layout zerstückelt die Druckseiten in funktionale Paratexte, griffige Schlagzeilen und schrille Typographie machen die Informationen zu visuellen Ereignissen mit schnellem Zugriff, Sprache wird bildhafter, Personalisierung schafft Nähe und gefühlsmäßige Beteiligung; Infotainment durchdringt die Textgestaltung. Zudem bewirkt der zunehmende Online-Journalismus Innovationen auf allen Ebenen: herkömmliche Textformate, Textsorten und Textbeziehungen verändern sich auch in den Druckmedien grundlegend. Es entstehen nicht nur besondere Visualisierungsformen, sondern neue Text-Strukturen differenzieren sich aus, intermediale Konvergenzen und benutzerorientierte Kohäsionen, navigierbare Referenzen müssen geschaffen werden.

 

Die Medienlinguistik hat diese Trends in Pressesprache und Pressetext seit den Standard-Werken von Burger und Lüger aus den späten 1980er Jahren unter den verschiedensten Gesichtspunkten behandelt, systematische Untersuchungen liegen allerdings kaum vor. Zur französischen Presse sind zwar anfänglich einige Studien aus kultur- und textwissenschaftlicher Sicht (Große/Seibold (1994); Pratiques 94 (1997) und Semen 13 (2001)) entstanden, aufgrund des bisher eher geringen medienlinguistischen Interesses fehlt aber eine einschlägige Forschung zum komplexen Wandel von französischsprachiger Pressetextualität. Dabei würde sich beispielsweise gerade der dicht bestellte, aber ökonomisch unsichere und stark schwankende französische Markt von Printmedien - dessen Bandbreite von nationalen und regionalen Traditionszeitungen über Boulevardblätter, Regenbogen- und Gratispresse zu politischen Magazinen und zu zielgruppen- und fachspezifischen Trendorganen reicht, welche mittlerweile alle gezielt durchdachte online-Auftritte vorzuweisen haben, - für derartige Untersuchungen dringend anbieten. In Anwendung erprobter Erkenntnisse könnten so zum einen generelle Wandelerscheinungen in der aktuellen Pressetextualität belegt oder diachron nachvollzogen, zum anderen aber auch kultur- und sprachgeprägte Kristallisationsformen herausgearbeitet und eventuell mit anderen journalistischen Kulturen verglichen werden.

 

Die Sektion möchte daher Beiträge anwerben, die sich mit den verschiedenen Innovationen und Evolutionen im französischen Print-Journalismus auseinandersetzen und dabei die textuellen und sprachlichen Ausprägungen der folgenden Punkte - nach Blum/Bucher (1998) - im Auge haben:

 

· den Wandel von der Einkanaligkeit zur Mehrkanaligkeit, d.h. die Schaffung von Textdesign und Multimodalität und die Auswirkungen auf die Sprache;

· die Ablösung des Langtextes durch Kurztexte, Textmodule, hybride Textsorten und visuelle Formate;

· den Trend vom Informations- zum Bedeutungsjournalismus durch emotionale Einbindung, Personalisierung, Rhetorisierung und Sensationalisierung;

· den Richtungswechsel vom Durchleser auf den Anleser durch Textdesign, Leserführung, Paratexte, Lead-Gestaltung, Textstrukturierung und Visualisierungsformen;

· Ergänzung oder Ersatz der Informationsfunktion durch gesteigerte Unterhaltungs- sowie Service- und Interaktions-Funktionen mit neuen Textsorten, Formen des Infotainments, "Schaufenstern", Teasern und Kontakt-Elementen, u.ä.

· den eingreifenden Wechsel vom Druck- auf den Online-Journalismus und die damit verbundene Fortführung und/oder Transformation bestehender Kommunikationsformen und Formate.

 

Vorschläge für Vorträge - auch aus der Werkstatt laufender und geplanter Projekte – sind willkommen und sollen bis 28.2.2012 mit Titel und einem extended abstract von ca.einer Seite nebst Angaben zu den benötigten technischen Hilfsmitteln an folgende Mail-Adressen der Sektionsleiterinnen gesendet werden:

 

Gudrun HELD (Salzburg) / Uta HELFRICH (Göttingen)

gudrun.bachleitner-held@sbg.ac.at

uta.helfrich@phil.uni-goettingen.de.

 

 

Literatur:

 

Blum, Joachim/ Bucher, Hans-Jürgen, Die Zeitung: ein Multimedium. Textdesign - ein Gestaltungskonzept für Text, Bild und Grafik. Konstanz, UVK 1998.

Burger, Harald, Sprache der Massenmedien. Berlin – New York, de Gruyter 1990. (Neuauflage als: Mediensprache. Eine Einführung in Sprache und Kommunikationsformen der Massenmedien. De Gruyter Studienbuch 2005).

Große, Ernst U./ Seibold, Ernst (eds.), Panorama de la presse parisienne. Frankfurt - Berlin - New York, Lang 1994.

Lüger, Heinz-Helmut, Pressesprache. Tübingen, Niemeyer 1983 (2. Auflage 1994).

Pratiques 94/ 1997: Genres de la presse écrite.

Semen 13/ 2001: Genres de la presse écrite et analyse de discours.

 

Von:  Uta Helfrich

Publiziert von: RZ