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01.12.2011

"Die Ordnung des Wissens – der mittelalterliche Wissenskosmos", 37. Internationaler Wolfenbütteler Sommerkurs

  • Ort: Wolfenbüttel
  • Beginn: 05.08.12
  • Ende: 18.08.12
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft, Weitere Teilbereiche
  • Sprachen: Sprachenübergreifend
  • Frist: 15.02.12

Veranstalter: Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel

Leitung: Prof. Dr. Eva Schlotheuber, Düsseldorf

 

Thema und Programm

 

Die Ordnung von Wissen hat eine lange historische Tradition und gleichermaßen das Bewusstsein über die Wirkmächtigkeit, die der ‚richtigen‘ Ordnung von Wissen zukam. Wissensordnungen sind aber keinesfalls statisch, sondern eng mit der jeweiligen Gesellschaft verbunden, weil die Bücher und das in ihnen gespeicherte Wissen erst durch den gesellschaftlichen und kulturellen Kontext ihre Bedeutung erhalten. Er bestimmt letztlich, welches Wissen für wichtig und wissenswert gehalten wurde. Wesentlicher Teil der Ordnung ist die Hierarchisierung von Wissen, wodurch theologisches, philosophisches, literarisches oder naturkundliches Wissen zueinander in Beziehung gesetzt wird. Mit der Zuordnung verschiedener Wissensbestände zu einzelnen sozialen Gruppen und Ständen hing in der Regel auch der Zugang zu Wissen zusammen. Was Frauen oder Männer, was soziale oder ständische Gruppen wissen sollten, war durch ihre jeweilige Aufgabe innerhalb der mittelalterlichen Gesellschaft bestimmt, jeder lernte nach sinem stant, darinne er ist, wie es in der Traktatsammlung „Von einem christlichen Leben“ heißt.

 

Im Sommerkurs werden wir versuchen, die mittelalterliche Wissensordnung in verschiedenen Medien, in Buch und Bild, zu fassen, zu beschreiben und zu verstehen – in Diagrammen, in der Anordnung des Wissens in Enzyklopädien und anhand von Bibliotheksinventaren im Aufbau mittelalterlicher Bibliotheken. Der Aufbau von Kloster- und Gelehrtenbibliotheken stand grundsätzlich in Beziehung zur Ordnung und Bewertung von Wissen in der mittelalterlichen Gesellschaft. Sie rekurrierte letztlich auf eine objektiv gedachte Ordnung der Welt, als deren hierarchisches Haupt Gott verstanden wurde, weshalb in der Wissensordnung die Theologie als Disziplin der Gotteserkenntnis an der Spitze stand. Diese prinzipielle hierarchische Ordnung, der mittelalterliche Wissenskosmos, spiegelt sich deshalb im Aufbau der klösterlichen bzw. geistlichen Bibliotheken ebenso wider wie im universitären curriculum des Artes-, Philosophie- und Theologiestudiums. In welcher Beziehung stehen die verschiedenen Entwürfe der Wissensordnung in Enzyklopädien oder Diagrammen zueinander, welche konkurrierenden Ordnungen von Wissen lassen sich erkennen?

 

Die Zuordnung von Wissen zu einzelnen Gruppen oder zu den Geschlechtern musste immer wieder neu ausgehandelt werden. Welches Wissen für wen notwendig und konstituierend war, wurde vor allem in Umbruchs- oder Reformzeiten intensiv diskutiert. Weil dem Wissen (und dem Wissenszugang) soziale Bedeutung zukam und der Wissenserwerb mit Stand und gesellschaftlicher Funktion verbunden war, können Umformulierungen oder Neuzuschreibungen auf die Flexibilität religiöser Gemeinschaften verweisen, sich neuen Strömungen zu öffnen, oder auch Ausdruck oder Folge oftmals erbittert geführter Verteilungskämpfe sein.

 

Ziel des Sommerkurses ist es – bevorzugt unter Rückgriff auf das in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel vorhandene Quellenmaterial –, verschiedene (auch konkurrierende) Wissensordnungen aus der Sicht verschiedener Disziplinen kennenzulernen und zu diskutieren, wie sie sich in Diagrammen, Enzyklopädien und im Aufbau mittelalterlicher Bibliotheken zu erkennen geben. Das Programm wird den Kursteilnehmern Gelegenheit bieten, das eigene Forschungsvorhaben im Kreise der Kollegen und Dozenten zu präsentieren und zur Diskussion zu stellen. Außerdem wird es ausreichend Zeit geben, um mit den historischen Beständen der Bibliothek die eigenen Forschungsvorhaben voranzutreiben.

 

Neben Frau Schlotheuber werden fünf weitere Dozenten teilnehmen:

 

- Prof. Dr. Rich Kremer, Dartmouth, USA (Wissenschaftsgeschichte);

- Prof. Dr. Nigel Palmer, Oxford, England (Germanistik);

- Dr. Falk Eisermann, Berlin (Inkunabelkunde);

- Prof. Dr. Jeffrey Hamburger, Harvard (Kunstgeschichte),

- Prof. Dr. Christel Meier-Staubach (Mittellateinische Philologie).

 

Außerdem wird eine Exkursion in das Stadtarchiv Braunschweig mit dem dortigen Leiter Dr. Henning Steinführer stattfinden (Thema: die Ordnung des mittelalterlichen Erfahrungswissens).

 

Bewerbungen

 

Die Ausschreibung richtet sich an Studierende aus dem In- und Ausland, die ihre Abschluss- oder Doktorarbeiten verfassen. Arbeitssprachen sind Deutsch und Englisch. Die Bibliothek bietet bis zu fünfzehn Plätze für Teilnehmer/innen und übernimmt die Kosten für Übernachtung und Frühstück. Außerdem erhält jeder Teilnehmer ein Handgeld von € 350. Es wird erwartet, dass Teilnehmer/innen die Reisekosten selbst tragen. Ein Zuschuss zu den Reisekosten ist bei Anreisen aus dem Ausland in Einzelfällen auf Anfrage möglich.

 

Die formlosen Bewerbungen sollen neben einem Anschreiben mit der Begründung des Interesses an der Teilnahme einen Lebenslauf enthalten, der Bildungsweg und wissenschaftliche Arbeit beschreibt. Außerdem benötigen wir die Adresse einer Hochschullehrerin/eines Hochschullehrers, die/der bereit wäre, auf Anfrage eine Empfehlung zu schreiben. Bewerbungsschluss ist der 15. Februar 2012. Bitte senden Sie Ihre Bewerbungen vorzugsweise per E-Mail an: forschung@hab.de

 

bzw.

 

Dr. Volker Bauer

Herzog August Bibliothek

Postfach 13 64

D-38299 Wolfenbüttel

Fax-Nr.: +49 5331-808 266.

 

Von:  Volker Bauer via Hsozkult

Publiziert von: cs