In Gedenken an Friedrich Katz (1927-2010)
- Ort: Berlin / Chicago
- Disziplinen: Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
- Sprachen: Spanisch
Am 16. Oktober 2010 verstarb der international anerkannte Historiker und Lateinamerikaforscher Friedrich Katz im Alter von 83 Jahren in Philadelphia. Als emeritierter Professor für Geschichte der University of Chicago war er – neben vielen anderen internationalen Auszeichnungen – seit 2002 Ehrendoktor der Freien Universität.
Über viele Jahrzehnte und bis zuletzt blieb er Berlin und der Berliner Lateinamerikaforschung eng verbunden. Noch im Dezember 2009 reiste er nach Berlin zu einem Gespräch über die historische Lateinamerikaforschung in Deutschland nach 1945 im Ibero-Amerikanischen Institut. Mit seinem Vortrag zum Thema: „Die mexikanische Revolution Pancho Villas“ im Rahmen des internationalen Graduiertenkollegs „Zwischen Räumen“ eröffnete er gleichzeitig die Aktivitäten zum vierzigjährigen Bestehen des Zentralinstituts Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin.
Für das Lateinamerika-Institut der Freien Universität war er als Historiker und Mexikoexperte ein zentraler wissenschaftlicher Referenzpunkt; zugleich war er ein wichtiger Fürsprecher und Freund, der viel zum Weiterbestehen des Instituts als Ort der interdisziplinären Lateinamerikaforschung in Deutschland beigetragen hat. Für viele Generationen von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus Deutschland, die sich für Mexiko und die Mexikoforschung engagierten, war er eine wichtige Brücke zwischen den Welten und Disziplinen.
Friedrich Katz, in vier Ländern zu Hause, war der kosmopolitischste unter den führenden Historikern der jüngeren mexikanischen Geschichte. Der mexikanische Schriftsteller, Carlos Fuentes, ebenfalls Ehrendoktor der Freien Universität, lobt seine 1998 verlegte Biographie des mexikanischen Revolutionsführers "The Life and Times of Pancho Villa" als ein "Meisterwerk zeitgenössischer Geschichtsschreibung". Friedrich Katz gelang es, globale Strukturen und Dynamiken ebenso in die Geschichtsforschung mit einzubeziehen wie das lokale Handeln der Akteure vor Ort. Auch hierin spiegelt sich die Vielfalt seines eigenen bewegten Lebens wieder.
1927 als Sohn des jüdischen Schriftstellers und Kommunisten Leo Katz geboren, lebte er bis 1933 in Berlin. Nach der Flucht vor den Nationalsozialisten 1933 wurde Mexiko für ihn und seine Familie zur rettenden neuen Heimat und zum Objekt seiner wissenschaftlichen Leidenschaft. Nach dem Studium in Mexiko-Stadt und New York promovierte er 1954 in Wien über die "Sozialökonomischen Verhältnisse bei den Azteken im 15. und 16. Jahrhundert" und habilitierte sich 1962 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Daraus entstand 1964 das Buch "Deutschland, Díaz und die Mexikanische Revolution: Die deutsche Politik in Mexiko, 1870-1920”, in dem er umfangreiches Material aus diplomatischen Geheimarchiven verarbeitete. Er lehrte an der Humboldt Universität Berlin, danach an der University of Texas in Austin und seit 1971 an der University of Chicago. In all diesen Jahren stand Mexiko im Zentrum der Forschungstätigkeit von Friedrich Katz. 2004 wurde zur Ehrung seines Lebenswerkes das Katz Center for Mexican Studies an der University of Chicago nach ihm benannt.
Seiner Ehefrau Dr. Jana Katz (Kinderärztin), die ihn auf seinen vielen Besuchen nach Berlin oft begleitet hat, seiner Tochter Jacqueline Ross, seinem Sohn Leo Katz und seinen vier Enkelkinder fühlen wir uns in tiefer Trauer verbunden.
Für das Lateinamerika-Institut
Prof. Dr. Marianne Braig
Dr. Stephanie Schütze
Publiziert von: Kai Nonnenmacher