Tagung "Spanische Erinnerungsorte"
- Ort: Mainz
- Beginn: 25.03.10
- Disziplinen: Medien-/Kulturwissenschaft
- Sprachen: Spanisch
Institut für Europäische Geschichte, Mainz
25.05.2010, Alte Universitätsstr. 19, 55116 Mainz, Konferenzraum 1. OG
Seit Pierre Nora das monumentale Unternehmen wagte, die symbolische
Landschaft Frankreichs zu kartieren, und zu diesem Zweck den Begriff der
lieux de mémoire in die historiographische Debatte einführte, hat sich
die von Nora angestoßene Forschung zu einem fruchtbaren und etablierten
Feld der Geschichtswissenschaft entwickelt. Allerdings hat das Konzept
der Erinnerungsorte auch Kritik hervorgerufen. Sie entzündete sich unter
anderem an seiner Tendenz zur Vereinheitlichung und Kanonisierung,
seiner begrifflichen Unschärfe und seinen mythenbildenden
Nebenwirkungen. Gerade die relative Offenheit des ursprünglichen
Entwurfs hat Historiker indes dazu angeregt, den historischen und
gegenwärtigen Prozess nationaler, regionaler oder lokaler
Bewusstseinsbildung am Beispiel bestimmter »Kristallationspunkte
kollektiver Erinnerung und Identität« (E. François/H. Schulze) zu
untersuchen. Projekte in unterschiedlichen Ländern, wie die »Deutschen
Erinnerungsorte« von Etienne François und Hagen Schulze, zeugen von
einer regen Rezeption des Ansatzes über den französischen Kontext
hinaus. Ein weiteres Großvorhaben dieser Art wird derzeit unter
Federführung von Heinz Duchhardt am Institut für Europäische Geschichte
in Mainz durchgeführt und ist den »Europäischen« Erinnerungsorten
gewidmet.
In Spanien wurde Pierre Noras Ansatz bislang noch wenig rezipiert und
diskutiert; eine Sammlung spanischer »lugares de memoria« ist nicht in
Sicht. Dies mag mehrere Gründe haben; mit an erster Stelle wären hier
wohl die komplizierte Frage der nationalen und regionalen Identitäten
auf der Iberischen Halbinsel zu nennen sowie die umkämpfte Erinnerung an
den Spanischen Bürgerkrieg, die heute mehr denn je zum Streitpunkt von
Parteien und gesellschaftlichen Gruppen geworden ist. Das Spannungsfeld,
in dem sich Geschichte, Erinnerung und Politik in Spanien in
Vergangenheit und Gegenwart bewegten und bewegen, bietet aber gerade
deshalb reichlich Anlass zur Diskussion. Der Workshop möchte dazu
Gelegenheit geben und der Frage nachgehen, inwieweit das Konzept der
lieux de mémoire für die Iberische Halbinsel fruchtbar gemacht werden
könnte. Anhand konkreter Beispiele ließe sich zeigen, dass auch im
spanischen Kontext durchaus Konsens über zentrale Erinnerungsorte
erzielt werden könnte: Covadonga, 1492, die Schwarze Legende, das Siglo
de Oro, Don Qujote, der 2. Mai 1808, die Verfassung von Cádiz, 1898, die
Semana Trágica, der Spanische Bürgerkrieg - unzweifelhaft verdichtet
sich in diesen und anderen symbolträchtigen Ereignissen, Orten und
Begriffen historische Erinnerung. Ob und wie solche Erinnerungsorte in
den unterschiedlichen nationalen, regionalen, politischen oder
religiösen Kontexten jeweils angeeignet wurden und werden, ist eine der
Fragen, die im Rahmen des eintägigen Workshops diskutiert werden sollen.
Anhand ausgewählter Texte werden zunächst die theoretischen und
methodischen Grundlagen des Konzepts der lieux de mémoire erschlossen.
Im weiteren Verlauf des Workshops werden konkrete Fallbeispiele
vorgestellt und diskutiert.
Wir laden alle Interessierten herzlich zur Teilnahme ein. Um
Voranmeldung bis zum 18.05. wird gebeten.
Organisation: Ditte Gurack, Frauke Kersten-Schmunk, Jorge Luengo, Kai
Müller, Thomas Weller
* * *
09:00-09:15
Heinz Duchhardt (Mainz)
Begrüßung
09:15-09:30
Thomas Weller (Mainz)
Einführung in das Thema des Workshops
09:30-11:30
Lektüre und Diskussion einschlägiger Theorietexte (P. Nora, E. François,
A. Assmann)
12:00-12:45
Steffen Jost (München)
1492 - Ein Erinnerungsort für ganz Spanien? Konflikte um das kulturelle
Gedächtnis im 19. und 20. Jahrhundert
12:45-13:30
Kai Müller (Mainz)
Die Leyenda Negra
13:30-14:30
Gemeinsamer Mittagsimbiss am Institut
14:30-15:15
Antonio Sáez-Arance (Köln)
Die 200 Jahrfeiern der Verfassung von Cádiz 1812 -2012
15:15-16:00
Sören Brinkmann (Erlangen-Nürnberg)
Bürgerkrieg als Erinnerungsort - Erinnerungsorte des Bürgerkriegs
16.30-17:15
Frauke Kersten-Schmunk
Das Valle de los Caídos
17:15-18:00
Nina Elsemann (Berlin)
Die desaparecidos des Spanischen Bürgerkriegs: Zwischen lokalen
Erinnerungsorten und globalen Diskursen
18:00-18:30
Schlussdiskussion
Dr. Thomas Weller
Alte Universitätsstr. 19
55116 Mainz
06131-3930310
06131-3930154
weller@ieg-mainz.de
Publiziert von: jd