Tagungen > Tagungsprogramm

26.05.2009

Int. Kolloquium: "Prozesse und Strategien der Hybridität 2"

  • Ort: Leipzig
  • Beginn: 07.07.09
  • Ende: 12.07.09
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
  • Sprachen: Französisch, Sprachenübergreifend

Organisation / Organizadores:

 

Prof. Dr. Alfonso de Toro (FFSL/Universität Leipzig)

Prof. Dr. Charles Bonn (Université de Lyon 2)

Prof. Dr. Khalid Zekri (Université Moulay Ismaïl Meknès)

 

Emilie Notard (FFSL/Universität Leipzig)

Juliane Tauchnitz (FFSL/Universität Leipzig)

 

Universität Leipzig

Beethovenstr. 15

D-04107 Leipzig

Tel.: +49-341-9737490

Fax: +49-341-9737498

 

Das geplante internationale Kolloquium soll im Rahmen des 600. Jubiläums der Gründung der Universität Leipzig als eine zentrale Veranstaltung stattfinden, in einem Rahmen, der bewusst gewählt wird, um die Aufmerksamkeit auf die Besonderheiten des Maghreb zu lenken und auf seine Bedeutung für Europa aufmerksam zu machen.

 

Das Kolloquium hat eine neue Thematik und knüpft z.T., was einen Teil der Mitwirkenden betrifft, an das von der DFG geförderte Kolloquium vom Mai/Juni 2007 an, dessen Sammelband kurz vor dem Druck steht.

 

Europa befindet sich aufgrund der Erweiterung der EU in einem politisch und kulturell tiefgreifenden Transformationsprozess, der zur Überprüfung seiner herkömmlichen Werte geführt hat. In dieser Diskussion spielt nicht nur Osteuropa eine zentrale Rolle, sondern auch der Orient, wie die Debatte über die Türkei als Scharnierland zwischen Ost und West zeigt.

 

Aber auch der Maghreb, und das in nicht minderer Weise, hat seit Jahrhunderten diese Brückenfunktion. Das Kolloquium stellt diese Region als unsere Nachbarn ins Zentrum des Interesses und will den Rahmen wesentlich erweitern: Gelang es im Kolloquium von 2007, sowohl den Mitwirkerkreis als auch den theoretischen Horizont durch die Mitwirkung von Forschern aus vier Kontinenten und durch die Einbeziehung internationaler Theoreme aus der postkolonialen und aus der Hybriditätsforschung zu erweitern, so sollen andere Kulturen, die für den Maghreb fundamentale Bedeutung haben, wie die Berberkultur, die jüdische, christliche und andalusische Kultur, eine neue Bewertung in Bezug auf Europa erhalten.

 

Hierzu dienen als Ausganspunkt die Bücher Portrait d’un Juif; Le racisme; Le nomade immobile; Déracinement, exil, identité von Memmi; L’Islam expliqué aux enfants; Le racisme expliqué à ma fille von Ben Jelloun; Maghreb pluriel; Penser le Maghreb; Figures de l’étranger dans la littérature française; Imaginaires de l’autre von Khatibi und Le même livre von Khatibi/Hassoun sowie eine Reihe anderer Schriften wie etwa Ces voix qui me assiègent von Djebar oder Werke wie L’enfant de sable; Partir von Ben Jelloun oder La prise de Gibraltar von Boudjedra.

 

Diese Texte erlauben es uns nicht nur den Maghreb, sondern auch Europa wieder zu denken. Denn unlängst haben die Theorien von Edward Said (Orientalism) und Homi K. Bhabha (The Location of Culture) gezeigt, dass kulturelle Prozesse sich gegenseitig bedingen, auch dann, wenn sie sich innerhalb hegemonialer diskursiver Strukturen vollziehen. Neu dazu wird die Theorie der Hybridität (Bhabha, de Toro) und des Métissage (Laplantine) in die Debatte einbezogen. Zudem gilt es, im Bereich der Literatur zu prüfen, wie die dem einen oder anderen kulturellen Raum zugehörigen Stimmen zwischen eben jenen wandern und sich in diesem Verschieben wandeln und wie sie gleichzeitig jene Räume selbst verändern, zwischen denen sie sich mit zunehmender Geschwindigkeit bewegen.

 

Die literarische Modernität, insbesondere zwischen Maghreb und Europa, setzt in der Tat zahlreiche Deplatzierungen voraus: Das Passieren der Menschen zwischen kulturellen oder politischen Universen, ebenso aber auch Verschiebungen literarischer Modelle wie Roman oder auch Erzählung, Lied, Malerei, Theater etc. hin zu Räumen, die ihr Entstehen nicht erlebten und in denen sie nicht vorgesehen waren und wo sie trotz dessen durch die neue Umgebung verändert werden. Man kann somit von verschobenen Wörtern sprechen – und wie auch immer ihr bevorzugter Ausdruck dafür lautet – wird sie diese Reise tiefgreifend erneuern.

 

Aber jene verschobenen Stimmen übertragen auch einen unerwarteten, manchmal schwer zu akzeptierenden Diskurs. Stimmen, die unsere diskursiven Bequemlichkeiten erschüttern, unsere etablierten Kommunikationsmodelle, unsere Definitionen von Literatur und Identität. Von einem zum anderen Ufer des Mittelmeeres sind diese Verschiebungen polysemisch und erzeugen überraschende Ausdrücke, die wiederum kulturelle Ausdrucksnormen destabilisie-ren wie auch Definitionen dessen, was Literatur ist.

 

Deshalb wird es das Ziel des Kolloquiums sein, in der kulturellen Vielfalt des Maghreb eine Chance zu sehen für Demokratisierung und Toleranz und sich gegen jeglichen Dogmatismus zu wenden und zwar unter anderem mittels einer Neubewertung der Diskurse über Identität, die in der Postmoderne an Bedeutung zu verlieren scheinen. Es ist genau jenes Kriterium, nach dem sich die Auswahl der Teilnehmer richtet, um so die unerlässliche Transdisziplinarität des Kolloquiums zu gewährleisten.

 

Von:  Alfonso de Toro

Publiziert von: Kai Nonnenmacher