Tagungsbericht: IXe Congrès de l’Association Internationale d’Études Occitanes
- Ort: Aachen
- Disziplinen: Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
- Sprachen: Französisch, Weitere romanische Sprachen
IXe Congrès de l’Association Internationale d’Études Occitanes
„L’Occitanie invitée de l’Euregio. Liège 1981 – Aix-la-Chapelle 2008: Bilan et perspectives“
Aachen, 24. bis 31. August 2008
Kongressbericht
Prof. Dr. Angelica Rieger
Die Pflege des internationalen wissenschaftlichen Austauschs auf höchstem Niveau gehört – insbesondere auch im Rahmen der Exzellenzinitiative – zu den erklärten Zielen der RWTH Aachen. Der 9. Kongress der AIEO (Association Internationale d’Études Occitanes) unter dem Motto „L’Occitanie invitée de l’Euregio. Liège 1981 – Aix-la-Chapelle 2008: Bilan et perspectives“ fügte sich als internationale Veranstaltung mit Anspruch auf die Erforschung und Bewahrung des kulturellen Gedächtnisses der europäischen Kultur- und Literaturlandschaft perfekt in dieses Konzept ein. Dies machte auch der neue Rektor der RWTH Aachen, Professor Ernst Schmachtenberg, deutlich, der am 24. August 2008 nicht nur seinen ersten internationalen Kongress an der RWTH eröffnete, sondern die Eröffnungsrede auch gleich in französischer Sprache hielt. Er entwickelte ein Panorama der Verbindungen zwischen Geistes-, Natur- und Ingenieurwissenschaften an der RWTH Aachen und schloss mit einem nicht nur für die AIEO denkwürdigen Appell:
„Cette brève présentation des projets communs les plus saillants reliant les multiples activités d’enseignement et de recherche de notre université technique aux sciences humaines et, parmi elles, à la philologie romane, met en évidence tout le potentiel de complémentarité d’une telle alliance. Et j’oserai conclure sur une vision: que ce dialogue inter- et transdisciplinaire, international et interculturel si bien commencé aboutisse à des effets de synergie durables non seulement pour notre université mais encore pour toute la communauté scientifique, voir pour l’humanité“.
In der Tat überschneidet sich diese Vision einer inter- und transdisziplinären Forschung in vieler Hinsicht mit den Zielen der AIEO. Die höfische Lyrik der Troubadours war prägend für die gesamte europäische Lyrik; der Kulturraum, dem sie entstammt. Okzitanien, ist unbestreitbar die Wiege der europäischen höfischen Literatur und Kultur. Die Erforschung der interkulturellen Zusammenhänge, die Okzitanien mit Europa seit Jahrhunderten verbinden, ist von hoher Relevanz für die aktuelle internationale Interkulturalitätsdebatte, und ihr widmet sich die Association Internationale d’Études Occitanes (AIEO) seit ihrer Gründung 1981 in Liège vorrangig. In Aachen wollte sie 2008 nach einem Vierteljahrhundert intensiver Forschungsarbeit Bilanz ziehen und die Perspektiven und Richtlinien für die nächsten Jahrzehnte definieren. Die Rückkehr der AIEO in die Euregio setzt Zeichen für die Fortführung des stets interkulturell ausgerichteten Dialogs der Association d’Études Occitanes innerhalb Europas als „Stimme Okzitaniens im europäischen Chor“, so das Motto des letzten internationalen Kongresses in Bordeaux 2005. Präsident und Vorstand der AIEO übertrugen dort die Organisation des neunten internationalen Kongresses an Angelica Rieger vom Institut für interkulturelle Studien / Romanistik der RWTH Aachen.
Die AIEO versteht sich als internationale Gesellschaft zur Erforschung von Sprache, Literatur und Kultur Okzitaniens und ihrer Wechselbeziehungen mit den Kulturen Europas. Sie ist der wichtigste wissenschaftliche Berufsverband der international in diesem Bereich tätigen Wissenschaftler. Turnusmäßig werden im 3-Jahres-Rhythmus internationale Kongresse nach dem Rotationsprinzip, abwechselnd in Frankreich und außerhalb Frankreichs, durchgeführt und – neben einer eigenen Publikationsreihe (PAIEO) – umfangreiche Kongressakten veröffentlicht. Einzelheiten über die Aktivitäten der Association Internationale d’Études Occitanes finden sich auf der Verbands-Homepage www.aieo.org. Der Verband hat über 430 Mitglieder aus über 20 Ländern.
Der Kongress liegt nunmehr knapp einen Monat zurück, es sind jedoch bereits zwei Drittel aller Beiträge für die Publikation der Akten eingegangen. Eine erste Bilanz ist nichtsdestoweniger zum jetzigen Zeitpunkt eher statistischer als wissenschaftlicher Natur. Trotz einiger Absagen in letzter Minute kamen 125 Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer aus fünfzehn Nationen nach Aachen. Neben drei Plenarvorträgen und einer Podiumsdiskussion wurden in fünf Sektionen – Altokzitanische Literatur- und Sprachwissenschaft, Moderne Literatur- und Sprachwissenschaft und Kulturwissenschaft – insgesamt 90 Vorträge gehalten.
Für die drei Plenarvorträge unter dem trobadoresken Motto motz – so – razo (Worte – Töne – Inhalte) konnten drei führende Okzitanisten aus den Bereichen der Sprach-, Musik- und Literaturwissenschaft gewonnen werden. Für die Literaturwissenschaft sprach unmittelbar nach der Eröffnung Pietro Beltrami von der Universität Pisa zum Thema: „Lirons-nous encore les troubadours, et comment? À propos de la critique des textes, de l'interprétation et de l'histoire littéraire“. Eine von den meist den Philologien zuzuordnenden Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmern viel beachtete Synthese der musikwissenschaftlichen Beschäftigung mit den Trobadors gab der Frankfurter Musikwissenschaftler Robert Lug unter dem Titel: „Images sonores des troubadours : théories d’hier, postmodernisme naïf et la chance du XXIe siècle“; und die abschließende Präsentation der „Bilanz und Perspektiven der altokzitanischen Sprachwissenschaft“ übernahm der Schweizer Sprachwissenschaftler Max Pfister.
Die Podiumsdiskussion zum Kongressthema « Bilanz und Perspektiven » unter Beteiligung von Sergio Vatteroni (Littérature médiévale lyrique), Nadine Henrard (Littérature médiévale non lyrique), Marie-Jeanne Verny und Jean-François Courouau (Littérature moderne), Jean-Pierre Chambon und Patrick Sauzet (Linguistique médiévale et moderne), Georg Kremnitz (Sociolinguistique) und Walter Meliga (Synthèse) fand im Rahmen einer Exkursion nach Liège an der Université de Liège statt. Sie wurde vor Ort von Nadine Henrard organisiert und von Madeleine Tyssens moderiert. Als Gründungsmitglied der AIEO empfing der Vertreter der Regionalregierung, Jacques de Caluwé, den Kongress nach dem akademischen Teil offiziell im Palais provincial in Liège.
Die Organisation und Durchführung des Kongresses in Aachen wurde in erster Linie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der RWTH Aachen selbst, dem Fachbereich 7 (Philosophische Fakultät) und dem Institut für Interkulturelle Studien – Romanistik unterstützt. Es konnte aber auch mit den Firmen Cigale de Provence, Getränketherme Fröhlig, Kaiserbrunnen, Lambertz, Schmetz am Dom, Shaker, Studentenwerk Aachen und ZVAB/ Zentrales Verzeichnis antiquarischer Bücher eine recht stattliche Zahl von Sponsorinnen und Sponsoren für die Abrundung des Programms gewonnen werden.
Anlässlich der Vollversammlung des Verbandes in Aachen wurden die Universität Montpellier als nächster Veranstalter des 10. Kongresses der AIEO 2011 und als Veranstaltungsort Béziers ausgewählt.
Die Kongressakten des 9. Kongresses der AIEO erscheinen 2009 in der von der Veranstalterin beim Shaker Verlag herausgegebenen Reihe ARA (Aachener Romanistische Arbeiten).
Publiziert von: Kai Nonnenmacher