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11.02.2014

Die Darstellung des Inkommensurablen in der französischen und deutschen Geschichtsliteratur des 19. Jahrhunderts Représentation de l’histoire entre mise en scène et mise en question.

  • Ort: Paderborn
  • Beginn: 14.02.14
  • Ende: 15.02.14
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
  • Sprachen: Französisch, Sprachenübergreifend

Die Geschichtsliteratur des 19. Jahrhunderts gilt als schlicht. Getragen von einem unerschütterlichen Vertrauen in die Sinnhaftigkeit und Erkennbarkeit von Geschichte, habe sie sich überwiegend mit einer simplen Repräsentationsästhetik begnügt. Daß der Sinn der Geschichte (wenn man überhaupt an der Vorstellung eines solchen festhält) nur indirekt darstellbar ist, wird gewöhnlich als eine Position erst des 20. Jahrhunderts angesehen und auf die Erfahrung des „Zivilisationsbruchs“ im Gefolge der großen Menschheitsverbrechen zurückgeführt.

 

In Wirklichkeit begann das Nachdenken über das Problem aber bereits um 1800. Im Kreis der deutschen Frühromantiker wurde es unter dem Begriff des „Inkommensurablen“ diskutiert. Damit war zunächst die Diskrepanz zwischen Erfahrung und Idee gemeint, in einem weiteren Sinn aber alles, was in Begriffen nicht aufgeht – das ‘Unbegreifbare’ und ‘Unermeßliche’. Für die Romantiker war das keine Restgröße, die man vernachlässigen kann. Vielmehr haben sie es zum Ausgangspunkt ihrer Erkenntnis- und Darstellungsüberlegungen gemacht.

 

Bezogen auf die Geschichte ergab sich daraus eine Historik der Näherung an einen prinzipiell unverfügbaren Sinn und ein Experimentieren mit Darstellungsformen, die das nicht vollständig in Sprache Übersetzbare unbegrifflich zur Anschauung bringen sollten. Mit diesem Ansatz begründeten die Romantiker einen Strang von Geschichtsliteratur, der sich durch das gesamte 19. Jahrhundert verfolgen läßt. Er bildet den Gegenstand des internationalen und interdisziplinären Paderborner Arbeitsgesprächs. Vergleichend soll gefragt werden, wie man in der Geschichtsschreibung und im Geschichtsdrama bzw. Geschichtsroman mit dem Problem umgegangen ist. Zudem soll diskutiert werden, ob in der französischen und in der deutschen Literatur unterschiedliche Problemlösungen institutionalisiert wurden.

 

Programm

 

14. Februar

 

13.30-14.00 Uhr

Johannes Süßmann – Stefan Schreckenberg – Sabine Schmitz (Paderborn)

Begrüßung und Einführung

 

1. Sektion – Inkommensurable Ereignisse

14.00-14.20 Uhr

Anna Karla (Köln)

Restrisiko: Erzähltechniken der Erklärungsnot in der Zeitgeschichtsschreibung zur Französischen Revolution

 

14.30-15.00 Uhr

Pause

 

15.00-15.20 Uhr

Hendrik Schlieper (Essen)

Die Applizierbarkeit der Geschichte. Alexandre Dumas père, « La Reine Margot » (1844/1845)

 

15.30-15.50 Uhr

Johannes Süßmann (Paderborn)

Die Bartholomäusnacht in der Geschichtsschreibung Rankes und Michelets

 

16.00-16.30 Uhr

Forumsdiskussion: Die Bartholomäusnacht als Modell für die Historisierung der Revolution? Moderation: Iwan-Michelangelo D’Aprile (Potsdam)

 

16.30-17.00 Uhr

Pause

 

2. Sektion – Inkommensurabilität und literarische Genres

 

17.00-17.20 Uhr

Stefan Schreckenberg (Paderborn)

Geschichte als Drama? Zur Geschichtskonzeption im Theater der französischen Romantik

 

17.30-17.50 Uhr

Niklas Bender (Tübingen)

Überlegungen zur Geschichtspoetik im historischen Roman der Romantik und des Realismus

 

18.00-18.30 Uhr

Pause

 

18.30-18.50 Uhr

Sabine Schmitz / Marie Weyrich (Paderborn)

Dévoilement de l’Histoire ou univers autarcique :« La Légende d’Ulenspiegel » de Charles de Coster au carrefour de l’H/histoire et de la légende

 

19.00-19.30 Uhr

Forumsdiskussion: Zwingt die Darstellung des Inkommensurablen zur Überschreitung von Genrekonventionen? Moderation: Simon Bunke (Paderborn)

 

20.00 Uhr

Abendessen

 

3. Sektion – Figuren der Inkommensurabilität

15. Februar

 

09.00-09.20 Uhr

Elisabeth Décultot (Paris/Berlin)

Der Künstler als Held und Außenseiter. Zur historiographischen Bedeutung des Künstlerromans zwischen Fiktion und Geschichte

 

09.30-10.00 Uhr

Forumsdiskussion: Der Künstler als Institutionalisierung des Inkommensurablen? Moderation: Sabine Schmitz (Paderborn)

 

10.00-10.30 Uhr

Pause

 

4. Sektion – Dramatik der Inkommensurabilität

 

10.30-10.50 Uhr

Daniel Fulda (Halle)

„Wer poetische Ideen in die wirkliche Welt einführt, steht in Gefahr mit prosaischen die Poesie zu verfälschen.“ Grillparzers Kritik an der historistischen Ineinssetzung von Sein und Sinn

 

11.00-11.20 Uhr

Hans-Joachim Lope (Marburg)

« Romulus a tué son frère. La ville est fondée ». Bemerkungen zu den historischen Dramen Ernest Renans

 

11.30-12.00 Uhr

Forumsdiskussion: Das Geschichtsdrama als Form der Einhegung von Inkommensurabilität? Moderation: Stefan Schreckenberg (Paderborn)

 

12.00-12.30 Uhr

Schlußrunde

Von:  Sabine Schmitz

Publiziert von: cf