Weitere Informationen > Allgemeine Mitteilung

15.02.2010

Artikelausschreibung: Deutsch-Französische Literaturbeziehungen (Folge II), Jahrbuch für Internationale Germanistik

  • Disziplinen: Literaturwissenschaft
  • Sprachen: Französisch
  • Frist: 31.07.10

Die gegenwärtig sich abzeichnende ,Europäisierung der Literaturgeschichtsschreibung' (Silvio Vietta) lenkt den Blick auf die vielfachen Beziehungen zwischen den nationalsprachlichen Literaturräumen. Zunehmend rückt die "Internationalität nationaler Literaturen" (Udo Schöning) ins Bewusstsein der Philologien und erfordert eine neue Beschäftigung mit den Wegen, Medien und Akteuren grenzüberschreitender Dispersion und Rezeption literarischer Formen und Inhalte. Das Rahmenthema "Deutsch-Französische Literaturbeziehungen" will Untersuchungen ein Forum bieten, in denen die interkulturelle Vernetzung vom Mittelalter bis in die Gegenwart auf ihre literarische Relevanz und Dynamik hin geprüft wird. Inwiefern die überschrittenen Grenzen jeweils sprachlicher, politischer, geschichtlicher oder gar philologischer Natur sind, ist dabei von Fall zu Fall zu problematisieren. Das deutsch-französische Austauschverhältnis soll sowohl in seiner synchronen als auch in seiner diachronen Dimension behandelt werden -- und illustrieren, dass eine transnationale Kulturgeschichte immer auch eine "histoire discontinue" (Michel Espagne) darstellt und zugleich einen eigenen Textraum europäischer ,Geistesgegenwart' etabliert. Das Rahmenthema versteht sich als Forum für eine Vielzahl von Forschungstraditionen. Die Beiträge können etwa aus den Bereichen der Transfer-Forschung, der Imagologie, der Reiseliteratur-Forschung, der Komparatistik und aus der Rezeptionsgeschichte stammen. Das Thema soll zu einer Verständigung über die Frage herausfordern, inwieweit Schreiben von politischen Grenzen bestimmt (gewesen?) ist und inwieweit vielleicht doch von einem interkulturellen, europäischen Schreiben gesprochen werden müsste. Angestrebt wird hier und in den weiteren Folgen des Themas eine möglichst facettenreiche Analyse der literarisch-geistigen Sphäre kerneuropäischer Verständigung und Konstituierung. Dabei ist zu erörtern, welche Gemeinsamkeiten bestehen müssen, damit das Fremde überhaupt verständlich werden kann -- ohne seine Alterität zu verlieren. Erkenntnisleitend sollen vor allem folgende Faktoren der deutsch-französischen Literaturbeziehungen sein: 1. Motivationsfaktor: Der literarisch motivierte Zugriff auf Thesen , Motive oder sprachliche Formen eines Autors aus dem Nachbarland geschieht aufgrund unterschiedlichster Interessen. Welche poetologische Defizienz, welcher Orientierungsbedarf, welche diskursiven Moden führen zur produktiven Lektüre des Fremden?

2. Selektionsfaktor: Die literarische Wahrnehmung des ausländischen Orientierungstexts ist zwangsläufig fragmentarisch. Inwiefern geschieht die Selektion des Textkorpus oder dessen, was als repräsentativ gewertet wird, bewusst, eventuell im Hinblick auf eine Instrumentalisierung im eigenen "literarischen Feld" (Bourdieu)?

3. Integrationsfaktor: Der Schriftsteller integriert die fremde Stimme entweder in einem markierten Modus (durch das direkte Zitat, durch die erkennbare Imitation von Themen, Techniken, Strukturen und Stilmustern oder durch explizite Kontrafakturen, Widerreden und Diatriben) oder in einem unmarkierten Modus (durch latente Übernahmen, kaschierte Entlehnungen oder verborgene Parallelen). Welche Effekte erzielt der jeweilige Modus insbesondere im Hinblick auf die Wahrnehmung durch die Kritik und die Fortführung des fremden Impulses unter dem Signum des Innovativen?

4. Variationsfaktor: Produktive Rezeption birgt -- insbesondere in den Künsten -- die Möglichkeit produktiver Missverständnisse in sich. Mit anderen Worten: Die interessierte Wahrnehmung im Empfängerland folgt zumeist anderen Kriterien als diejenige im Herkunftsland. Sie kann oder soll daher leicht zu Verengungen und Verfälschungen führen. Wie können inadäquate Lesarten zur Bedingung eines erfolgreichen Rezeptionsprozesses werden?

 

 

Herausgeber des Rahmenthemas:

Dr. Marcel Krings (Universiät Heidelberg, Germanistisches Seminar)

Dr. Roman Luckscheiter (Bonn)

 

 

Geeignete Beiträge werden im Herbst 2010 bzw. im Frühjahr 2011 im "Jahrbuch für Internationale Germanistik" veröffentlicht. Sie können auf Deutsch, Englisch oder Französisch abgefasst sein und sollten einen Umfang von 15-20 Seiten nicht übersteigen. Einsendeschluss ist der 31. Juli 2010. Bitte senden Sie Ihre Beiträge an marcel.krings@gs.uni-heidelberg.de

Von:  Marcel Krings

Publiziert von: Kai Nonnenmacher