Weitere Informationen > Allgemeine Mitteilung

28.01.2008

Leibniz Universität ohne Leibniz? - Offener Brief des Vorsitzenden des DRV an den Präsidenten der Universität Hannover

  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft, Sprachpraxis, Didaktik
  • Sprachen: Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Weitere romanische Sprachen

Sehr geehrter Herr Präsident,

 

im Sommer 2003 hat die Niedersächsische Landesregierung beschlossen, die Romanistik an der Leibniz Universität Hannover einzustellen. Im Wintersemester 2003 wurden letztmalig Studierende der Romanistik immatrikuliert. Die romanistischen Studiengänge laufen seither aus.

 

Inzwischen wurde die Forschungsevaluation der Hannoveraner Romanistik, mit der die Schließung seinerzeit begründet worden war, erfolgreich gerichtlich angefochten; die Lehrevaluation war ohnehin positiv. Die Interventionen des französischen und des italienischen Botschafters wurden ignoriert. Die Schließung der Romanistik an der Leibniz Universität Hannover erscheint vor diesem Hintergrund als willkürlich und darüber hinaus als schädlich für den Forschungs- und Lehrstandort Niedersachsen und für den Ruf Hannovers als Welt-Messestadt.

 

Eine große und bedeutende Philosophische Fakultät wie die der Leibniz Universität Hannover ist in der Forschungskooperation und in den studierbaren Fächerkombinationen ohne Romanistik nicht denkbar. Insofern drängt sich der Eindruck auf, die Abwicklung der Romanistik stelle den ersten Schritt in Richtung auf eine Abwicklung der gesamten Philosophischen Fakultät dar.

 

Auch aus wirtschaftlichen Gründen und mit Blick auf die Berufsperspektiven der Studierenden erscheint die Einstellung der Romanistik an der Leibniz Universität Hannover als kontraproduktiv. Der wirtschaftliche Austausch mit Frankreich, Italien und den spanisch- und portugiesischsprachigen Ländern macht bei weitem den größten Anteil der internationalen Handelsbeziehungen der Bundesrepublik Deutschland aus. Wie ich aus eigener Erfahrung an meiner Universität Bonn weiß, fragen Studierende aller Fakultäten und Fächer in großem Umfang Lehrveranstaltungen in Romanischen Sprachen und Kulturen nach, um so zusätzliche Schlüsselqualifikationen zu erwerben, die ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern.

 

Vor dem Hintergrund dieser Tatsachen möchte ich Sie, sehr geehrter Herr Präsident, auch im Interesse Ihrer eigenen Universität dringend bitten, sich für eine Revision des Beschlusses aus dem Jahre 2003 zur Aufhebung der Romanistik an der Leibniz Universität Hannover einzusetzen. Wie Sie wissen, hat Gottfried Wilhelm Leibniz seine wichtigsten Werke auf Französisch verfasst. Ohne eine leistungsfähige Romanistik verspielt die Universität Hannover ideell ihr Recht, seinen Namen zu tragen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Paul Geyer

 

(Romanistik-Professor in Bonn und Erster Vorsitzender des Deutschen Romanistenverbands)

 

 

Von:  Paul Geyer

Publiziert von: jd