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21.04.2008

Nachruf Prof. Dr. Dr. h.c. Paul Miron (1926-2008)

  • Ort: Freiburg
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft
  • Sprachen: Weitere romanische Sprachen, Sprachenübergreifend

Am 17. April 2008 verstarb unerwartet in Freiburg Professor Paul Miron. Paul Miron wurde fast 82 Jahre alt. Im Jahr 1926 wurde er in dem Dorf Boroia in Rumänien, in der Moldau geboren. Seine Schulausbildung erfuhr er in der nahen Stadt Fălticeni. Ihr widmete er 1996 sein Buch "Fălticeni – mon amour". Nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen schloss er sich dem Widerstand gegen sie an. Dann verließ er Rumänien. Kurz vor Ende des Kriegs wurde er bei Berlin schwer verwundet. Er verbrachte zwei Jahre in Lazaretten. Danach studierte er, erst in Köln, dann in Bonn. Seine Lehrer waren vor allem Ernst Robert Curtius und Paul Menzerath. Auf Empfehlung von Curtius kam er nach Paris. Curtius sagte ihm für dort eine literarische Karriere voraus. Er kehrte jedoch nach Deutschland zurück, um zu promovieren, was 1954 in Bonn geschah. Zehn Jahre später, 1964, holte ihn Hugo Friedrich, der auf ihn aufmerksam gemacht wurde, nach Freiburg mit dem Auftrag, am Romanischen Seminar die Rumänistik aufzubauen. Dies gelang ihm durchaus, und das Romanische Seminar Freiburg wurde eines der nicht zahlreichen deutschsprachigen Zentren der Rumänistik. Als Lektor hatte Paul Miron viel Erfolg. Immer wieder verstand er es, was nicht leicht war, Studenten, aber auch Professoren, für das Rumänische zu motivieren.

 

Im Jahr 1973 habilitierte er sich über lexikalische Probleme im Rumänischen. Sodann ist es vor allem ihm zu danken, dass die Partnerschaft zwischen der Universität Freiburg und der Universität "Al.I.Cuza" in Iaşi (Jassy) auf den Weg gebracht wurde. Das war damals, unter dem Regime Ceauşescus, dessen "Securitate" und allem übrigen, sehr schwierig und erforderte viel diplomatisches Geschick, über das Paul Miron in hohem Maß verfügte, wobei sich dieses Geschick mit Humor, Zähigkeit und Festigkeit verband oder vielmehr: sie gehörten zu ihm. Auch seine guten Verbindungen zur Orthodoxen Kirche Rumäniens, der er sich ebenfalls mit Festigkeit zugehörig fühlte, waren hierbei hilfreich. Er blieb lange die ‚Seele’ dieser noch immer fruchtbaren Partnerschaft, füllte sie mit Leben. Einige Zeit hindurch markierte diese die einzige Präsenz einer deutschen Universität im ganzen Ostblock.

 

Paul Miron leitete zwei wichtige wissenschaftliche Projekte, die beide von der "Deutschen Forschungsgemeinschaft" gefördert wurden. Da ging es zunächst um die erweiterte Neuherausgabe des "Rumänisch-Deutschen Wörterbuchs" von Hariton Tiktin, 1903 zuerst erschienen, zweitens um die Edition der ältesten rumänischen Bibel in der von ihm initiierten Serie "Monumenta Linguae Dacoromanorum". Beide Arbeiten wurden nach der Wende von der Rumänischen Akademie preisgekrönt. Bei all diesen Arbeiten wurde Paul Miron durch seine Frau Elsa energisch und wirksam unterstützt, die auch, nach seinem Ausscheiden, seine Arbeit weiterführte. Eine große Anzahl von philologischen Beiträgen in Büchern, Artikeln in Zeitschriften, auch in Lexika ergänzten seine wissenschaftliche Arbeit (zum Beispiel hat er im "Wilpert" die rumänischen Autoren präsentiert).

 

Noch aber fehlt in dieser Aufzählung eine sehr wichtige Seite. Paul Miron war nämlich nicht nur Wissenschaftler, sondern auch ein (und noch dazu sehr vielseitiger) Schriftsteller und Dichter. Obwohl er das Deutsche, ganz besonders im Schriftlichen, vollkommen beherrschte und auch in dieser Sprache Vorzügliches geschrieben hat, schrieb er doch literarisch vorwiegend rumänisch. Ein erster Lyrik-Band erschien 1963 in Paris. Weitere Bände mit Gedichten folgten, dann aber schrieb er auch Romane, Erzählungen, Dramen und Hörspiele. Diese Werke wurden, natürlich erst nach der Wende, in Rumänien rezipiert und ausgezeichnet. Der rumänische Schriftstellerverband ernannte ihn zum Ehrenmitglied. Aber auch der Verband der Schriftsteller der Republik Moldova zeichnte ihn aus. Er erhielt den "doctor honoris causa" der Universität "Al.I.Cuza" in Iaşi und wurde auch Ehrenbürger dieser Stadt. Er wurde aber auch Ehrenbürger von Timişoara (Temeschwar). Er erhielt das "Sankt Andreas-Kreuz" des "Ökumenischen Patriachats" und den "Großen Kulturpreis der Rumänischen Kulturstiftung“, schließlich, in Bukarest, den "Pour le mérite". Einen anschaulichen Eindruck von seiner Lyrik bietet ein schöner zweisprachiger Auswahlband, der 2003 unter dem Titel "Eine Menge Bäume", "O grămadă de arbori", in Zürich erschien; ausgewählt und übersetzt hat diese Gedichte Elsa Lüder. In der Einleitung gibt Paul Miron auf nur fünfzehn Seiten einen suggestiven Einblick in die rumänische Literatur. Seine letzten Jahre waren durch die Parkinson-Krankheit überschattet. Sein Geist blieb hell und ungetrübt bis zuletzt.

 

Prof. em. Dr. Hans-Martin Gauger

 

Von:  Hans-Martin Gauger

Publiziert von: Kai Nonnenmacher