CfP: Der Platz der DDR in den deutsch-französischen Beziehungen nach 1945
- Ort: Metz
- Beginn: 07.06.12
- Ende: 08.06.12
- Disziplinen: Medien-/Kulturwissenschaft, Weitere Teilbereiche
- Sprachen: Französisch, Sprachenübergreifend
- Frist: 31.01.12
Mit dem Untergang des „anderen“ Deutschlands verschwand auch die Erinnerung an die „anderen“ deutsch-französischen Beziehungen. Schon in den Zeiten der deutschen Teilung konnte sich der Verdacht aufdrängen, dass sich der bundesdeutsche Alleinvertretungsanspruch auch in den Köpfen der Historiker und Politologen festgesetzt hatte und die DDR nicht mehr als Teil des deutsch-französischen Beziehungsgeflechtes mitgedacht wurde. Obwohl der Zugang zu den Archiven der ehemaligen DDR den Historikern gleich nach 1990 ermöglicht wurde, änderte sich an dem ungenügenden Forschungsstand anfangs kaum etwas. Auch heute wird die DDR bei der Behandlung der deutsch-französischen Beziehungen nicht immer mitgedacht.
Wenn wir uns heute nun fragen, welchen Ort die DDR in einem deutsch-französischen Beziehungsgeflecht einnimmt, drängt sich auch für dieses Forschungsfeld der insbesondere vom Potsdamer Historiker Christoph Kleßmann verfochtene Ansatz einer integrierten deutschen Nachkriegsgeschichte auf, in der DDR und Bundesrepublik trotz staatlicher Teilung und eigenständiger Entwicklung in ihrer Gegensätzlichkeit aufeinander bezogen blieben. Die wechselseitige Bezugnahme und Beeinflussung war in dieser beziehungsgeschichtlichen Perspektive zu allen Zeiten asymmetrisch, konnte die Bundesrepublik doch problemlos ohne die DDR existieren, während der westliche Teilstaat für die Machtelite und die Bevölkerung der DDR stets die Referenzgesellschaft blieb, „mit der man sich aggressiv auseinandersetzte oder an der man sich insgeheim in seinen materiellen und politischen Wünschen zumindest partiell orientierte“ (Christoph Kleßmann). Da die DDR ein Staat ohne jede demokratische und zugleich ohne nationale Legitimation war, blieb die Bundesrepublik dabei für die SED bis 1989 eine permanente lebensbedrohende Herausforderung, der sie sich auch auf dem Feld der deutsch-französischen Beziehungen stellte.
Die Analyse der Beziehungen zwischen der DDR und Frankreich bietet somit nicht alleine Einsichten in die Geschichte der ostdeutschen Außenbeziehungen und die Handlungsmuster der SED; vielmehr ist stets von einem deutsch-deutsch-französischen Dreiecksverhältnis in der bipolaren Ordnung des Kalten Kriegs auszugehen. Wer sich heute mit den deutsch-französischen Beziehungen nach 1945 beschäftigt, sollte daher nie die Fragen aus den Augen verlieren, welche Rolle die französische Seite in der deutsch-deutschen Auseinandersetzung spielte, welche Bedeutung der ostdeutschen Seite für die westdeutsch-französischen Beziehungen zukam und in welcher Form die westdeutsche Seite auf die ostdeutsch-französischen Kontakte einwirkte. Dieses Postulat gilt sowohl für die höchsten zentralen Entscheidungsinstanzen der drei beteiligten Staaten als auch für die regionale und lokale Ebene. Gerade der „Blick von unten“, der über die Auswertung der Bestände in den verschiedenen Landes-, Départements-, Betriebs- und Stadtarchiven zu erreichen ist, verspricht in Zukunft weitere vertiefende Aufschlüsse zu der bislang nur ansatzweise bekannten Vielfalt in der deutsch-französischen ménage à trois zwischen 1945/49 und 1990.
Im Rahmen dieses Kolloquiums sollen die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen auf staatlicher, gesellschaftlicher, regionaler und lokaler (Städtepartnerschaften etc.) thematisiert werden. Vorschläge sind außerdem erwünscht aus dem Bereich der Beziehungen zwischen sozialen Milieus und Gruppen (Widerständler, Gewerkschaftler, Intellektuelle, Künstler etc.). Außerdem sollen die Perzeption des anderen Landes (Literatur, Schulbücher, Medien etc.) sowie die Bedeutung der Erinnerung analysiert werden, um Transfer- und Austauschprozesse über den Eisernen Vorhang hinweg zu beleuchten.
Diese Veranstaltung richtet sich ganz besonders auch an junge Forscher, die im Rahmen ihrer Masterarbeit und/oder ihrer Dissertation über die Beziehungen zwischen der DDR und Frankreich gearbeitet haben. Dieses Kolloquium soll ihnen die Möglichkeit geben, ihre Arbeit vor einem Expertenpublikum zu präsentieren. Eine Veröffentlichung der Tagung ist vorgesehen und soll zum 40. Jahrestag der diplomatischen Anerkennung der DDR durch Frankreich Anfang 2013 erscheinen. Reise- und Unterbringungskosten werden im Rahmen der eingeworbenen Drittmittel erstattet.
Wir möchten Sie bitte, bis zum 31. Januar 2012 den Titel Ihres Vortrags, eine inhaltliche Skizze (ggfs. mit den eingesehenen Quellen) von 2500 Zeichen und einen Lebenslauf an Ulrich Pfeil (upfeil@orange.fr) zu schicken.
Publiziert von: cs