Tagungen > Tagungsausschreibung

22.06.2010

CfP: Figuren des Globalen: Weltbezug und Welterzeugung in Literatur, Kunst und Medien, Bonn (15.08.2010)

  • Ort: Bonn
  • Beginn: 15.06.11
  • Ende: 18.06.11
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft, Weitere Teilbereiche
  • Sprachen: Sprachenübergreifend
  • Frist: 15.08.10

CfP: Figuren des Globalen: Weltbezug und Welterzeugung in Literatur, Kunst und Medien, Bonn

 

XV. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (DGAVL)

 

Rheinische Friedrich-Wilhelms Universität Bonn, 15.-18. Juni 2011

Organisation: Prof. Dr. Christian Moser (Bonn), Prof. Dr. Linda Simonis (Bochum)

 

In jüngster Zeit mehren sich die Stimmen, die der Literatur einen verstärkten Weltbezug und eine gesteigerte „Welthaltigkeit“ (A. Honold) attestieren. Dieser neuen Welthaltigkeit wird ein konstruktiver und performativer Charakter zugeschrieben: Literatur setzt sich demnach nicht bloß mit einer gegebenen Welt auseinander, sie ist darüber hinaus an der Herstellung von Welt(en) beteiligt. Insofern der Begriff der Welt auf eine geographische, kulturelle, politische und ökonomische Totalität verweist, die aufgrund ihrer gesteigerten Komplexität der Anschaulichkeit entbehrt, ist er auf die Darstellungs- und Konstruktionsarbeit der Literatur (und anderer künstlerischer Medien) angewiesen, um überhaupt vorstellbar zu sein. Indem die Literatur fiktive Welten entwirft, wirkt sie maßgeblich an der Konzeption von Globalität in den verschiedensten diskursiven Bereichen mit.

 

Der Weltbezug der Literatur ist mithin nicht bloß ein Effekt der Globalisierung, er ist vielmehr ein Medium der globalen Integration, der den Globalisierungsprozeß aktiv befördert. Und dies gilt nicht allein für die gegenwärtige Phase der Globalisierung. Denn wie die Geschichte der Menschheit, aus der Perspektive der „longue durée“ betrachtet, eine größere Zahl von „Globalisierungsschüben“ aufzuweisen hat (E. Schüttpelz), so finden sich auch in der Literaturgeschichte immer wieder historische Phasen und Bewegungen, aber auch Gattungen und Darstellungsformen, die sich in besonderer Weise der Herstellung eines totalisierenden Weltbezugs verschrieben haben: vom weltumspannenden Anspruch des antiken Epos bis zu den Universalisierungstendenzen des modernen enzyklopädischen Romans, vom barocken Welttheater bis hin zur Programmatik der romantischen Universalpoesie, von den mythischen Kosmogonien bis hin zu den Entgrenzungsszenarien der postkolonialen Literatur. Die verschiedenen Weltbegriffe und Weltmodelle, die dabei entwickelt werden, bedürfen einer eingehenden systematischen wie auch historischen Analyse. Sie müssen in Korrelation zu den ökonomischen, sozialen und kulturellen Globalisierungsprozessen gesehen werden, an denen sie jeweils partizipieren.

 

Das Ziel der Tagung besteht darin, die verschiedenen Modi der Weltdarstellung und Weltherstellung in ihrer historischen Bandbreite zu untersuchen. Spezifisch literarische Formen des Weltbezugs sollen dabei mit der Konstruktion globaler Zusammenhänge in anderen künstlerischen Medien (Film, Photographie, bildende Kunst) korreliert werden. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Wechselwirkungen, die zwischen literarisch-künstlerischen Weltkonstruktionen und den sozialen, ökonomischen und politischen Globalisierungsprozessen existieren. Inwieweit arbeiten fiktionale Narrative für oder gegen hegemoniale Semantiken und binäre Rhetoriken wie die des "Kampfes der Kulturen"? Wie werden dominante politische Narrative neu- bzw. umgeschrieben? Auf einer höheren Abstraktionsebene gilt es schließlich, die Analyse des Weltbezugs von Literatur und Kunst für eine Grundlagenreflexion der Disziplin Komparatistik fruchtbar zu machen. Inwiefern beeinträchtigt die gesteigerte Welthaltigkeit der Kunst den Status und das Selbstverständnis eines Fachs, das sich seit seinen Anfängen eine globale Perspektive zu eigen gemacht hat? Wie sollte sich die Komparatistik im Zeitalter der Globalisierung positionieren? Welche theoretischen und methodischen Konsequenzen sind daraus zu ziehen?

 

Konkret könnten sich die Tagungsteilnehmer mit den folgenden Teilaspekten der zugrunde gelegten Fragestellung auseinandersetzen:

• ‚Welt-Rhetoriken’ – Figuren der Globalität und der Globalisierung

• Imaginäre Geographien und Geopoetik

• Sprachen literarischer Globalität

• ‚Welt-Genres’

• Global stories/global icons – Narrativierung und Visualisierung globaler Zusammenhänge

• Literatur und Weltgesellschaft/Weltöffentlichkeit/Weltstaat

• Einheit und Differenz im Kontext von Globalität

 

Die Auseinandersetzung mit der Welthaltigkeit von Literatur und mit literarischen Techniken der Weltherstellung kann schließlich dazu beitragen, ein vertieftes Verständnis des Konzepts der Weltliteratur (bzw. Weltkultur) zu entwickeln. Inwiefern bedarf dieser Begriff unter den Bedingungen der Globalisierung einer Revision? Anläufe zu einer Rekonzeptualisierung des Weltliteraturbegriffs wurden in den vergangenen Jahren vor allem in den USA (D. Damrosch, F. Moretti, E. Apter u.a.) und Frankreich (P. Casanova) unternommen, während die Debatte im deutschsprachigen Raum bislang noch nicht richtig in Gang gekommen ist. Die Tagung will die Impulse aus den USA und Frankreich aufnehmen und die deutschsprachige Komparatistik dazu anregen, eine Standortbestimmung vorzunehmen. Nicht zuletzt geht es darum, Auswege aus einer paradoxen Situation zu finden: Während der Weltbezug der Literatur immer deutlicher in Erscheinung tritt und die Notwendigkeit eines komparatistischen Zugriffs somit immer unabweisbarer wird, ist die Komparatistik als ‚kleines Fach’ gerade im Zuge von Internationalisierungsbestrebungen wie etwa denjenigen des Bologna-Prozesses zunehmend in ihrer Existenz bedroht.

 

Ein ausführliches Exposé des Tagungskonzepts kann bei den Organisatoren (c.moser@uni-bonn.de, LindaSimonis@web.de) angefordert werden. Themenvorschläge mit Abstract (im Umfang von maximal 1 Seite, Times New Roman 12, 1,5 Zeilen Abstand) werden in elektronischer Form (Word-Dokument) an folgende Mail-Adressen erbeten:

c.moser@uni-bonn.de, LindaSimonis@web.de

Einsendeschluß ist der 15. August 2010.

Von:  Christian Moser

Publiziert von: Barbara Ventarola