CfP: Le Franco-Allemand oder die Frage nach den Herausforderungen transnationaler Vernetzung - Le Franco-Allemand ou les enjeux des réseaux transnationaux
- Ort: Wittenberg
- Beginn: 14.06.13
- Ende: 16.06.13
- Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
- Sprachen: Französisch
- Frist: 31.01.13
In der augenblicklichen Krise der Europäischen Union scheint es eine Konstante zu geben, an der keiner zweifelt: die Verlässlichkeit der deutsch-französischen Beziehungen. Diese scheinen enger denn je und haben im Europa der 27 nicht an Bedeutung verloren. Ganz im Gegenteil. Nie zuvor ist es in der Geschichte Europas zu einer nachhaltigeren Kooperationsbeziehung mit einer solchen Sogwirkung gekommen, wie sie im Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit vom 22. Januar 1963 festgehalten worden ist.
Aus den einstmaligen (Erb)Feinden ist ein vielzitiertes Tandem geworden, das sich nunmehr als Motor Europas versteht und von dem politischen Willen getragen wird, die Zukunft gemeinsam zu beschreiten. Davon zeugen die Gründungen zahlreicher Institutionen in den Bereichen Politik (Deutsch-Französischer Ministerrat), Sicherheit (Deutsch-Französische Brigade), Medien (Arte), Forschung (Centre Marc Bloch in Berlin, Deutsches-Historisches Institut in Paris, CIERA in Paris) sowie Bildung (Deutsch-Französische Hochschule, DeutschFranzösische Gymnasien, Deutsch-Französisches Geschichtsbuch). Daneben sind eine Vielzahl von Symbolen und Bildern entstanden, die erst im Kontext der wechselseitigen Geschichte beider Nachbarländer zu deuten sind. Weitere Hinweise für eine transnationale Vernetzung liefern Gedächtnisorte, die von einer gemeinsamen Erinnerung zeugen und ohne den Bezug zum Anderen nicht denkbar sind (Verdun, Versailles).
Diese und weitere Beispiele erlauben die Annahme, dass das Franco-Allemand zu einer festen Bezugsgröße geworden ist und nicht, wie etwa Pierre Nora behauptet, ausgedient habe. In einem jüngst mit der FAZ geführten Interview wirft der prominente Historiker einen äußerst pessimistischen Blick auf den deutsch-französischen Kulturaustausch. Fehlende Sprachkenntnisse, strukturelle Unterschiede und die zunehmende Renationalisierung politischer Debatten nach 1989 seien der Grund, weshalb man weder von einem gemeinsamen Denken noch von einer transnationalen Gemeinschaft sprechen könne. Die gemeinsame, einst von der humanistischen Bildung getragene Zivilisation sei nunmehr zersplittert und befinde sich in einer tiefen Krise.
In der Tat ist die deutsch-französische Verständigung kein Selbstläufer und unterliegt trotz des politischen und ökonomischen Willens Hindernissen und Herausforderungen. Diese sind insbesondere in der gegenwärtigen Wissenschaftskooperation spürbar und scheinen das Prinzip der Transnationalität in Frage zu stellen. Als exemplarisch erweisen sich Ergebnisse quantitativer Studien in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Hier zeigt sich, dass kaum ein Austausch aktueller Forschungsdebatten betrieben wird und in erster Linie national determinierte Analysekategorien Anwendung finden. Gleiches ließe sich von den Kulturwissenschaften und der histoire culturelle behaupten. Das Verharren in nationalen Denkstilen verhindert die Gemeinsamkeit forschenden Arbeitens und die Ausbildung neuer über die Grenzen hinausgehender Strukturmuster.
Wie diese Strukturmuster beschrieben werden können, ist bislang kaum untersucht worden und gehört zu den zentralen Anliegen der Tagung. Während im Jubiläumsjahr vielerorts die Frage nach der Modellhaftigkeit der deutsch-französischen Beziehungen aufgeworfen wird, soll es hier darum gehen, das Franco-Allemand in seiner transnationalen Eigenschaft näher zu beleuchten. Auf verschiedenen Gebieten soll der Frage nachgegangen werden, wie sich transnationale Strukturen des Franco-Allemand herausgebildet haben, wie diese zu beschreiben sind und wie diese nationale Interessen und Strukturen überwinden und gegebenenfalls in Konflikt mit ihnen geraten. Folglich möchte die Tagung weniger eine Bestandsaufnahme jener Phänomene darstellen, die das Franco-Allemand ausmachen, als vielmehr einen Beitrag zu dessen Problematisierung leisten. Unterschiedliche methodische Zugänge, die das Transnationale thematisieren (histoire croisée, entangled history, Transferforschung, Institutionenforschung etc.), sollen sich dabei ergänzen und richtungsweisend für zukünftige Forschungen wirken.
Mögliche Themenbereiche sind:
• Politik (transnationale Interessen in Europa/ in der Welt)
• Literatur (transnationale Produktions- und Rezeptionsprozesse)
• Musik/ Kunst (transnationale Dynamiken)
• Kulturgeschichte (transnationale Erinnerungsorte, kollektives Gedächtnis)
• Wirtschaftskommunikation (transnationale Unternehmenskulturen und Management)
• Mischkulturen in Begegnung (transnationale Lebensformen, Erfahrungswelten)
• Wissenschaftskooperation (Vernetzung in den Geistes- und Sozialwissenschaften)
• Hochschulkooperation (transnationale Studienkulturen)
• Medien (grenzüberschreitende Formen der Bildersprache)
• Philosophie (transnationale intellektuelle Netzwerke)
• Mittlerfiguren (multiperspektivische Standpunkte, Reflexivität)
Diese Veranstaltung, die von der Französischen Botschaft gefördert wird, richtet sich ganz besonders an junge Forscher aus Deutschland und Frankreich, die im Rahmen ihrer Qualifizierung Aspekte des Transnationalen untersuchen.Das Kolloquium soll ihnen die Möglichkeit geben, ihre Arbeit vor einem deutsch-französischen Expertenpublikum zu präsentieren. Eine Veröffentlichung der Tagung ist vorgesehen und soll anlässlich des 50- jährigen Jubiläums der Unterzeichnung des Elysée-Vertrags Ende 2013 erscheinen. Reise-und Unterbringungskosten werden nach Möglichkeit im Rahmen der eingeworbenen Drittmittel erstattet.
Bitte senden Sie uns Ihre Vorschläge mit Titel, inhaltlicher Skizze von 2500 Zeichen und Lebenslauf bis zum 31. Januar 2013 an:
Prof. Dr. Dorothee Röseberg (dorothee.roeseberg@romanistik.uni-halle.de)
Marie-Therese Mäder (marie-therese.maeder@romanistik.uni-halle.de)
Wissenschaftlicher Rat
Prof. Dr. Dorothee Röseberg
Institut für Romanistik
Französische und spanische Kulturwissenschaft
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Marie-Therese Mäder (MA)
Institut für Romanistik
Französische und spanische Kulturwissenschaft
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Kontakt:
Marie-Therese Mäder, marie-therese.maeder@romanistik.uni-halle.de
Publiziert von: RZ