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18.04.2011

CfP: Medialisierungsformen des (Auto-)Biographischen und ihre Kommunikationskontexte

  • Ort: Hamburg
  • Beginn: 02.12.11
  • Ende: 04.12.11
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft, Weitere Teilbereiche
  • Sprachen: Sprachenübergreifend
  • Frist: 15.07.11

Sektion Biographieforschung in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie

02.12.2011-04.12.2011, Hamburg, Universität Hamburg, Fachbereich

Sozialökonomie

 

Deadline: 15.07.2011

 

(Auto-)Biographische Selbst- und Fremdreflexionen bedienen sich der

unterschiedlichsten medialen Vermittlungsformen. Die Spannbreite reicht

von klassischen Verschriftlichungen in Tagebüchern, Briefen,

Autobiographien, Erinnerungen, Romanen und Poesie über visuelle

künstlerische Darstellungen in Bild, Fotografie und Film bis hin zu

theatralen Bühnenaufführungen oder digitalen Inszenierungen in den neuen

Medien. Hieraus ergeben sich zentrale Fragen nach der medialen

Modulation und Transformation lebensgeschichtlicher

Erfahrungszusammenhänge. Erst durch den Einsatz von Schrift-, Bild- und

Filmmedien sowie der Nutzung entsprechender Kommunikations-räume

erhalten (auto-)biographische Selbst- und Fremddarstellungen ihre

spezifische Gestalt. Die differenzierten (auto-)biographischen

Ausdrucksformen sind eine zentrale Form der gesellschaftlichen Wissens-

und Informationsvermittlung und des interaktiven Erfahrungsaustauschs

und übernehmen so wichtige kommunikative Funktionen. Diesen

beobachtbaren Praktiken der öffentlichen Kommunikation, in denen

(Auto-)Biographisches zum Ausdruck kommt, widmet sich die geplante,

interdisziplinär ausgerichtete Tagung "Medialisierungsformen des

(Auto-)Biographischen und ihre Kommunikationskontexte" und zwar sowohl

in theoretischer, methodologischer als auch in empirischer Hinsicht.

 

Die praktische Ausdifferenzierung medialisierter (auto-)biographischer

Kommunikationsformen stellen wissenschaftliche Disziplinen vor neue

Herausforderungen. Im Zeichen der turn-Terminologien (linguistic turn,

performative turn, medial turn, iconic/visual/pictorial turn,

biographical turn) ergeben sich für die Sozial- und

Geisteswissenschaften neue Forschungsperspektiven und Themenfelder. Die

kulturalistische Selbstbefragung sämtlicher Disziplinen dauert seit

einiger Zeit an und hat zu einer Entessentialisierung sozialer und

kultureller Ontologien zugunsten performativer und medialer

Betrachtungen geführt. Der Begriff des cultural turn motiviert

zahlreiche soziologische Diskurse über Kulturpraktiken als Gestaltungs-

und Triebfeder des Sozialen. Als Folge gerät die Konstruktion des

Sozialen auch in (auto-)biographietheoretischer Perspektive neu in den

Blick: Auf die Darstellung des Selbst bezogen, beschreibt etwa der

Begriff "Automedialität" die performativen Wechselwirkungen zwischen

Selbstthematisierungen und Medienrahmungen und lenkt so die

Aufmerksamkeit auf die epistemologischen Differenzen zwischen Schrift,

Bild, Film und neuen (digitalen) Medien. Mündlichkeit, Schriftlichkeit,

Auditivität, Visualität oder Audiovisualität als unterscheidbare

Medialisierungsformen, in denen (Auto-)Biographisches durch Verwendung

verschiedener Gestaltungstechniken hervorgebracht wird, geraten in den

Fokus des biographiewissenschaftlichen Interesses. Zusätzlich erscheint

in einem erweiterten Medienverständnis der Körper nicht nur als Objekt

der medialen Darstellung, sondern wird selbst zum subjektiven Träger und

performativen Vermittler (auto-)biographischer Inszenierungen, so dass

als medialisierte Kommunikationsform des (Auto-)Biographischen

zusätzlich die Bühnendramaturgie (Theater), das Musiktheater (Tanz/Oper)

oder aber auch popmusikalische Performances an empirischer Relevanz

gewinnen.

 

Damit einhergehend finden die historisch und kulturell variierenden

Rezeptionskontexte (auto-)biographischer Kommunikationen verstärkt

Eingang in die wissenschaftliche Analyse: Der/die LeserIn, ZuhörerIn

oder ZuschauerIn wird als AdressatIn mit eigenen Erfahrungen und

(auto-)biographischem Vorwissen ebenso problematisiert, wie die äußeren

institutionellen Bedingungen der automedialen Vermittlung.

(Auto-)Biographische Selbst- und Fremddarstellungen sind eingebettet in

einen komplexen Wahrnehmungskontext, das "Dispositiv", das sich

zeitlich und situativ immer wieder neu herstellt. Ob im Privaten, in

wissenschaftlichen oder öffentlichen Institutionen, in Erinnerungskulturen, in Museen oder auf Bühnen, überall entscheiden die kommunikativen Rahmenbedingungen über die Selbstinszenierung und deren Rezeption sowie die Einbeziehung des Leser, Hörers oder Zuschauers.

 

Im Zuge der genannten turn-Terminologien wird auch in der

Biographieforschung mit dieser Begrifflichkeit argumentiert und ein

"biographical turn" reklamiert. Ein derartiger Ansatz fragt etwa nach

Art und Weise und dem Zusammenspiel sozialer und medialer Praktiken der

lebensgeschichtlichen Kommunikation. Während die Biographieforschung

bislang vor allem das narrative Interview zur wissenschaftlichen

Generierung von Lebensgeschichten als Erhebungsinstrument einsetzt,

sind andere (auto-)biographische Kommunikationsformate zwar immer wieder

Gegenstand zahlreicher empirischer Untersuchungen geworden, eine

systematische Betrachtung sowie die theoretische wie methodologische

Differenzierung verschiedener (auto-)biographischer Medien ist jedoch

bis heute noch sehr rar. Auch die qualitativen Methodologien zur

Auswertung und Interpretation (auto-)biographischer

Kommunikationsformate stehen angesichts der beschriebenen

Medialisierungen vor neuen Herausforderungen, müssen sich entweder noch

bewähren oder bedürfen einer Reformulierung.

 

Die geplante Jahrestagung der Sektion Biographieforschung trägt diesen

interdisziplinären Entwicklungen Rechnung. Dabei wird einerseits nach

dem theoretischen und methodologischen Verhältnis von Medialität und

(auto-)biographischer Kommunikation gefragt. Anderseits stehen die

empirischen Forschungsfelder (auto-)biographischer Selbstdarstellungen

und Kommunikationsformen im Fokus. Diese beiden Schwerpunktsetzungen

lassen sich in folgenden Themenkomplexen/Panels bündeln, zu denen

Beiträge willkommen sind:

 

 

1) (Auto-)Biographisches in medialen Präsentationen:

 

- mündliche, schriftliche, visuelle und audiovisuelle Perspektive

(Gespräche, Interaktionen, erzählte Lebensgeschichten, verschriftlichte

Autobiographien, Tagebücher, Briefe, Fotos, Filme, Musik, Theater, Tanz,

Talk-Shows und andere Fernseh- bzw. digitale Formate etc.)

 

- Wechselwirkungen und Intermedialitäten unterschiedlicher

(auto-)biographischer Kommunikationsformate

 

- Praktiken medialisierter (auto-)biographischer Kommunikation

 

 

2) Institutionen (auto-)biographischer Kommunikationen und ihre Medien:

 

- Wissenschaft, Öffentlichkeit, Kulturbereich, Medienkultur, Privatheit

 

 

3) Rezeptions- und Kommunikationskontexte (auto-)biographischer

Medienformate:

 

- Situativ, historisch, soziokulturell

 

 

4) Erhebungs- und Auswertungsmethoden verschiedener (auto-)biographischer Kommunikations- und Medienformate:

 

- Forschungsdesigns für Schrift, Bild, Film, Bühne und neue (digitale)

Medien

 

 

Neben wissenschaftlichen Vorträgen können auch andere performative

Formen gewählt werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, noch

nicht abgeschlossene Arbeiten in Form kleiner

Arbeitsgruppen/Workshops/Forschungswerkstätten zu diskutieren. Bei

Interesse an dieser material-orientierten Arbeitsform bitten wir, dies

extra zu vermerken.

 

Carsten Heinze (Hamburg), Jana Ballenthien (Hamburg), Hanna Haag

(Hamburg), Monika Müller (Schwerin) , Martina Schiebel (Bremen) und

Elisabeth Tuider (Hildesheim)

 

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Carsten Heinze

 

Universität Hamburg, Fachbereich Sozialökonomie, Fachgebiet Soziologie,

Welckerstr. 8, 20354 Hamburg

 

0172 7640537

 

carsten.heinze@wiso.uni-hamburg.de

Von:  Carsten Heinze

Publiziert von: Barbara Ventarola