Anfänge vom Ende: Schreibweisen des Naturalismus in der Romania
- Ort: München
- Beginn: 09.11.11
- Ende: 11.11.01
- Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
- Sprachen: Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch
Internationaler Workshop
09. bis 11. November 2011
Carl Friedrich von Siemens Stiftung München
Als dominante literarische Bewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist der Naturalismus Symptom einer modernen Wissenskonfiguration, die an die Stelle einer abstrakten metaphysischen Ordnung getreten ist. Ihre Vertreter entsprechen dem Wandel, indem sie den idealistischen Standpunkt verwerfen und sich selbst und ihre ästhetische Praxis im Rekurs auf die natürliche Dingwelt legitimieren, deren Gesetze die positiven Wissenschaften erforschen und ausformulieren. Aus dem szientistischen Anfang entstehen rigorose Narrationen des physischen, moralischen und sozialen Verfalls, die den Anspruch naturwissenschaftlicher Studien erheben. Die neuere Forschung hat indes gezeigt, in welchem Maß der Naturalismus zu seinem eigenen Programm quersteht, wie er also einem phantasmatischen Legat gehorcht, das weniger diskursiv denn konterdiskursiv ist.
Der Workshop wird dieser inneren Gegenstrebigkeit nachgehen und jene Entwicklungslinien in den Blick nehmen, die zum auflösenden Ende des Naturalismus führen werden. Spannend sind hier nicht nur Schreibweisen wie jene von Huysmanns, der die naturalistische Bildlichkeit auf einen neuen Katholizismus hin öffnen wird, sondern auch das Werk Zolas selbst, das von Anfang an von einer mythischen Schreibweise getragen, bei all seiner Drastik insulär von Idyllen gekennzeichnet ist, die in den Spätwerken in biopolitische Heilserwartungen einmünden können. Historisch siedelt der Naturalismus an der Schwelle zu einer unhintergehbaren Demokratie, für die der Autor keine Sprache, die Zeit keine Identitätsträger finden kann. Aus dieser Warte ist der Naturalismus gespalten zwischen der versichernden Stilllegung im positivistischen Programm und einem Imaginären, das dieses Programm unterwandert, ohne dabei zu einem definitiven Bild zu gerinnen. So wird sich die Veranstaltung mit Bildern und Bildarsenalen zu befassen haben, mit Heterotopien, Räumen und Chronotopien – in der Hoffnung, die (nicht nur) das politische Unbewusste der III. Republik dominierenden Schreibweisen des Naturalismus auszuleuchten.
Programm
09. November 2011
14:30
Lars Schneider und Xuan Jing (München)
Begrüßung und Einführung
15:00
Wolfgang Asholt (Osnabrück)
Eine lebenswissenschaftliche Kritik des Naturalismus? Die Debatte um das naturalistische Programm zwischen Jules Vallès und Emile Zola
16:00
Xuan Jing (München)
Roman expérimental und Wertfreiheit
17:30
Aurélie Barjonet (Paris)
Bilan et enjeux des contradictions zoliennes
19:00
Henri Mitterand (Paris)
Le naturalisme selon Zola : discours théorique et genèse romanesque
10. November 2011
10:00
Stephan Leopold (Mainz)
Zola und die Idyllen
11:00
Dietrich Scholler (Bochum)
Idyll und Trieb. Anmerkungen zu Luigi Capuanas Roman Giacinta
14:00
Gerhard Poppenberg (Heidelberg)
"quería…, no sabía qué…, a qué tenía derecho..." – Claríns Analyse der spanischen Moderne in La Regenta
15:00
Karin Peters (Mainz)
Mythopoetiken des Elends im spanischen Naturalismus
16:30
Horst Weich (München)
Fatal Dilema. Zu Abel Botelhos Projekt einer patologia social
19:00
Rainer Warning (München)
Zur Isomorphie von Natur- und Sozialgeschichte bei Zola
11. November 2011
10:00
Kurt Hahn (Eichstätt)
Riskante Ästhetik und ideologischer Exzess – zum naturalistischen Erzählen des argentinischen Romanciers Eugeni Cambaceres
11:00
Lars Schneider (München)
"Le livre blanc rêvé" – spiritualistischer Naturalismus in J.-K. Huysmans’ La cathédrale
12:30
Guy Ducrey (Strasbourg)
Le naturalisme à l’opéra ? Le Chemineau de Jean Richepin et Xavier Leroux
Organisation: Lars Schneider, Xuan Jing
Veranstaltungsort:
Carl Friedrich von Siemens Stiftung, Südliches Schlossrondell 23, 80638 München
Anmeldung via Email:
Lars.Schneider@romanistik.uni-muenchen.de
Publiziert von: Lars Schneider