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20.10.2009

CfP: Gemeinschaft in der Literatur – Mythos oder Möglichkeit? Zur Aktualität poetisch-politischer Interventionen

  • Ort: Osnabrück
  • Beginn: 29.10.10
  • Ende: 30.10.10
  • Disziplinen: Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
  • Sprachen: Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Weitere romanische Sprachen, Sprachenübergreifend
  • Frist: 15.11.09

Der Begriff der „Gemeinschaft“ ruft höchst widersprüchliche Reaktionen hervor. Stand er als romantischer Gegenpol zur Gesellschaft unter dem Verdikt nationaler Mythenbildung, so erlebte er in den letzten Jahren eine Wiederentdeckung. In negativer Form wurde das Schwinden gemeinschaftlicher Werte und Formen im Kontext von ökonomischer Liberalisierung und Globalisierung beklagt; in positiver Form avancierte die Gemeinschaft zum Schlüsselbegriff – wenn nicht gar „Kampfbegriff“ – politischer Theorie.

 

Verschiedene Re- und Dekonstruktionen des Konzeptes fanden im Spektrum der politischen Philosophie und der Globalisierungskritik statt, wie z.B. die undarstellbare Gemeinschaft Nancys, Agambens Community-Konzept, die Multitude bei Hardt und Negri oder auch die Thematisierung kleiner Gruppen bei Barthes. Was sie eint ist der Versuch, den Ansprüchen der Einzelnen in und gegenüber der Gemeinschaft/Gesellschaft zur Geltung zu verhelfen, ohne die Idee der Gemeinschaft zu verabschieden, aber auch ohne sie utopisch zu verklären.

 

Diese Ansätze führten innerhalb der Philosophie und Sozialwissenschaften zu einer weitreichenden Diskussion. In den Literatur- und Kulturwissenschaften hingegen wurde das Thema kaum aufgegriffen – Zeit also, um nach den Wirkungen, Prägungen und dem Einfluss der Literatur und der mit ihr zusammenhängenden Fachdisziplinen zu fragen. Die übergreifende Frage ist die nach alternativen Modellen von Gemeinschaft und den Mythologisierungen, die dem Begriff eingeschrieben sind. Damit ist auch das Ziel verbunden, das Verhältnis von vormodernen, modernen und postmodernen Gemeinschaftskonzepten in der Literatur in den Blick zu nehmen.

 

Folgende Aspekte stehen im Zentrum der Tagung:

- Gemeinschaft zwischen Individuum und Allgemeinheit in der Literatur: Gibt es Entwürfe von Gemeinschaft, die die traditionelle Entgegensetzung in Frage stellen, unterlaufen oder aufheben? Wie wird die Verflechtung von Singularität und Gemeinschaftlichkeit gedacht, auch in Bezug auf Geschlecht, Rasse/Nationalität, Sex etc.? Auf welche Weise wird die Frage der Differenz, des Nicht-Identischen und Abweichenden verhandelt?

- Ästhetisch-poetische Gemeinschaften: Inwieweit bildet das Ästhetische die Basis und das Medium von Gemeinschaft? Welche Vorstellungen einer positiven oder negativen Ästhetik werden zur Bildung ebenso wie zur Grenzüberschreitung zu Grunde gelegt?

- Gemeinschaft als Netzwerk: Lassen sich in der Literatur Formen von Gemeinschaft entdecken, die den Einzelnen nicht auf eine bestimmte Identität festlegen, sondern im Gegenteil auf der Idee konstruierter und temporär begrenzter Allianzen oder Netzwerk-Gemeinschaften basieren? Ist die Idee der Gemeinschaft als Netzwerk an unsere globalisierte und medialisierte Gegenwart gebunden oder kann sie sich auf historische Vorläufer berufen, und wenn ja, welche?

- Mythos Gemeinschaft: Welche Mythologisierungen und Entmythologisierungen lassen sich in literarischen Entwürfen von Gemeinschaft auffinden? Wie wird das imaginäre Moment, das jeder Vorstellung von Gemeinschaft zugrunde liegt, literarisch konstruiert oder auch dekonstruiert?

 

Diese Themenkomplexe wollen wir mit Interessierten aus literatur- und kulturwissenschaftlichen Fachdisziplinen (mit den Schwerpunkten Romanistik und Germanistik) diskutieren. Die Ergebnisse der Tagung sollen als literatur- und kulturwissenschaftliche Intervention zur aktuellen Debatte um das Thema „Gemeinschaft“ publiziert werden.

 

Titel und Abstract (max. 300 Wörter) bitte per Mail bis zum 15. November an die Veranstalterinnen:

 

Dr. Margot Brink

Universität Osnabrück

Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft

Neuer Graben 40

49074 Osnabrück

mbrink@uni-osnabrueck.de

 

Dr. Sylvia Pritsch

Universität der Künste Berlin

Institut f. Geschichte u. Theorie der Gestaltung

Lietzenburger Straße 45

10789 Berlin

spritsch@gmx.de

 

Von:  Margot Brink

Publiziert von: Kai Nonnenmacher