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07.07.2008

Interdisziplinäre Tagung: Die Krise: Versuch der Profilierung eines begrifflichen Passepartouts

  • Ort: Dresden
  • Beginn: 23.01.09
  • Ende: 24.01.09
  • Disziplinen: Medien-/Kulturwissenschaft
  • Sprachen: Sprachenübergreifend
  • Frist: 31.08.08

Europäisches Graduiertenkolleg 625

Institutionelle Ordnungen, Schrift und Symbole der TU Dresden

 

Call for Papers

 

Interdisziplinäre Tagung: Die Krise: Versuch der Profilierung eines

begrifflichen Passepartouts

 

Dresden, 23.-24. Januar 2009

 

Konzeption: Viola Belghaus, Janice Biebas, Nicol Speer, Clemens Tangerding

 

Die Krise scheint zurzeit allgegenwärtig. Kein Tag vergeht, an dem die

Medien keine aktuellen Krisenszenarien beschwören oder zu deren Einordnung

historische Vorbilder zitieren, etwa wenn angesichts der Benzinteuerung an

die Ölkrise der 1970er Jahre erinnert wird. Dieser plakative Gebrauch des

Begriffs hat mittlerweile auch seine Parallele in der wissenschaftlichen

Diskussion. Trotz der fruchtbaren Ergebnisse der historischen

Krisenforschung der vergangenen 30 Jahre scheint sich ein analytisch

gerechtfertigter Krisenbegriff nicht durchsetzen zu wollen. Krise ist nach

wie vor häufig Legitimation und Hypothese einer Studie, nicht Ergebnis der

Untersuchung. Die Tagung möchte daher erneut nach dem Begriff der Krise

fragen und seinen mannigfaltigen Verwendungen auf den Grund gehen: als

Hypothese, als Empfindung, als Forschungskategorie, als These.

 

Dabei reflektiert die mediale Präsenz der Krisendiagnosen bereits einen

entscheidenden Faktor des Phänomens: Die Krise ist kein Geschehen an sich,

sondern ein beobachtetes, narrativ bzw. medial vermitteltes

Deutungsmuster, mit dem politische, soziale und kulturelle

Wandlungsprozesse beschrieben werden. Die Krisenerzählung stiftet demnach

normative Sinnzusammenhänge für ursprünglich instabile Situationen, die in

der Offenheit ihres Ausgangs alternative Möglichkeiten der Entscheidung

beinhalten. Ziel der Tagung ist es, in exemplarischen Fallstudien

Krisengeschehen und Krisendiskurs in Beziehung zu setzen, das heißt

Erklärungszusammenhänge zwischen der Krise als objektivierbarem

Transformationsprozess einerseits und dem Krisendiskurs als Ergebnis einer

kommunikativ vermittelten Erfahrungsrealität andererseits herzustellen.

Dafür sollen drei Themenkomplexe im Mittelpunkt stehen, die nach

Möglichkeit in den einzelnen Tagungsbeiträgen aufgegriffen werden sollen:

 

1. Über Krisen schreiben: Formen des Krisendiskurses

Hier stehen die - in der Regel schriftlich vermittelten - Zeugnisse des

Krisenbewusstseins im Mittelpunkt, die einerseits als Quellengattung auf

ihre kommunikativen Strategien und rhetorischen Konventionen beschrieben,

anderseits auf ihre Funktionsweisen, etwa als Krisendiagnose und

Krisenbewältigung im politischen Diskurs befragt werden können.

 

2. Akteure in der Krise: Kommunikations- und Handlungsformen in der Krise

Dieser Punkt zielt auf die spezifisch ausgebildeten Interaktionsformen

während der Krise, die auch symbolische Formen der Kommunikation

beinhalten können. Um den Zusammenhang von Krise und Krisendiskurs auch

auf der Ebene der Akteure zu schärfen, wäre zudem nach den Implikationen

von historiographisch vermittelten Krisenbeschreibungen auf politische

Entscheidungen und gesellschaftliche Reformbestrebungen zu fragen. Zudem

können zu den Handlungsmustern auch neue Formen der Legitimation und der

Repräsentationssysteme gehören, die von den in Krisenzeiten besonders

unter Druck stehenden politischen Obrigkeiten und Funktionsträgern

ausgebildet werden.

 

3. Die Krise erinnern: Repräsentationsformen der Krise

Aus der Perspektive der überwundenen Krise soll in diesem letzten Punkt

danach gefragt werden, wie Krisenerfahrungen im kollektiven Gedächtnis

verankert werden. Mit welchen Inszenierungs- und Repräsentationsformen

reagieren Gemeinwesen auf die überwundene Krise und welche Aspekte der

Identitätsstiftung und Stabilitätsbehauptung werden thematisiert? Darüber

hinaus ist nach der Implementierung von Krisenerfahrungen in literarische

und historiographische Gattungen zu fragen, vor allem im Hinblick auf die

Deutungsangebote, die als Reaktionen auf Krisen entwickelt werden. Und

schließlich kann, um die Krise nicht allein als Niedergangsnarrativ

aufzufassen, auch nach der Bewertung von Chancen gefragt werden, die sich

als produktive Zerstörung aus der Krise ergeben haben.

 

 

Erbeten sind Beiträge aus den Geschichtswissenschaften, der

Kunstgeschichte, den Kultur- und Medienwissenschaften sowie der

Soziologie. Eine Publikation der Tagungsbeiträge ist geplant. Auf Anfrage

steht ein Konzeptpapier als Diskussionsgrundlage zur Verfügung. Vorschläge

(mit einer ca. einseitigen Erläuterung) für Beiträge mit einer

Vortragsdauer von 25 Minuten erbitten wir bis zum 31. August 2008 per

Email oder Post an die folgende Adresse.

 

Kontakt:

Dr. Viola Belghaus

Europäisches Graduiertenkolleg 625, TU Dresden

Institutionelle Ordnungen, Schrift und Symbole

D-01062 Dresden

viola.belghaus@freenet.de

 

Von:  Viola Belghaus

Publiziert von: Kai Nonnenmacher